Die Seelenverkäufer von Bad Dingenskirchen

Die Stimmung ist gereizt.
Der Versammlungsraum ist brechend voll, fast die gesamte Belegschaft ist versammelt. Draußen am Flur ist so eine Art Buffet aufgebaut, mit matschigen Wurst- und Käsebrötchen ohne Gürkchen, dazu gibts Kartoffelsalat mit Salzstangen, Mineralwasser und Kaffee. Die Verwaltung gibt einen aus und läd ein zur Mitarbeiterversammlung.
“Nun gedulden Sie sich doch noch einen Moment…” sagt unser Personalchef und klopft ans Mikrofon. Auch er ist nervös.
Endlich taucht der Verwaltungsdirektor auf. Dunkelblauer Anzug, graue Krawatte, Schweißperlen auf der Stirn.
“Meine Damen und Herren…”
Und dann folgen erst einmal die üblichen Floskeln. Schleimig-freundlich, nichtssagend, unverbindlich.
Und dann hat ein schlanker Yuppie-Typ das Wort. Er ist Unternehmensberater. Was auch sonst. Seine Firma heißt Schlagmichtot, Haumichblau und Collegen. Collegen mit C. und abgekürzt wird das Ganze zu SHC-Consulting und klingt damit noch schicker.
SHC-Consulting ist also mit der Restrukturierung unseres Krankenhauses beauftragt worden.
Im ersten Schritt wird unsere Anstalt nun vom Kreiskrankenhaus zum Krankenhaus des Kreises Bad Dingenskirchen Geh-emm-be-hah und bleibt vorerst im Besitz des Landkreises, also in kommunaler Trägerschaft, aber nur so lange, bis ein “Partner”, will sagen Käufer gefunden ist.
Die Mitarbeiter von SHC-Consulting werden nun in den nächsten Wochen und Monaten unsere Arbeitsabläufe studieren und darüber Dossiers und Berichte anfertigen, alles natürlich streng geheim, zumindest für uns. Ist ja alles zu unserem Besten. Anschließend werden die Arbeitsabläufe optimiert und… und spätestens hier höre ich nicht mehr zu.
Ich stehe auf, gehe raus und hole mir einen Kaffee.
Draußen steht Kalle und kaut lustlos auf einem Wurstbrötchen herum.
“Geht’s Dir auch so wie mir?” fragt er.
Ich zucke mit den Schultern.
“Ich glaub’, ich muß kotzen!” sagt er, läßt das angebissene Brötchen liegen und verschwindet in Richtung Toilette.

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