… aber manchmal gibt es so Tage, da muss ich das. Gestern war so einer.
Die Kundin hat zum wiederholten Male ihre Schlaftabletten auf Dauerrezept zu früh bezogen. Normalerweise versuchen meine Mit-Apothekerinnen und ich solches Verhalten früh einzuschränken, indem man z.B. das erste Mal wenn das vorkommt nachfragt, wie viele Tabletten sie davon denn nimmt, das rasch nachrechnet und sie dann darauf aufmerksam macht, dass sie eigentlich noch welche haben sollte. Das warnt den Patienten auf eine nicht so aufdringliche Art davor, dass wir aufmerksam sind, was den Tablettenverbrauch angeht.
Wenn die Person sehr früh kommt und mit einer Story was mit den Tabletten passiert ist (gestohlen, ausgeleert, liegengelassen), hat sie zwar noch den des Zweifels, aber ich sage meist dann sehr deutlich, dass – auch wenn sie die Tabletten jetzt von mir kriegt – das festgehalten wird in ihrem Dossier.
Und falls das dann trotzdem wieder passiert – ja, dann werde ich mit dem Arzt Kontakt aufnehmen wegen möglichem Missbrauchs des Medikaments und dem Zweck eine Lösung zu finden. Ich mag dieses Polizei spielen nicht, aber es gehört zum Job.
Die meisten Ärzte sind zwar auch nicht erfreut über solche Anrufe, finden es aber gut, dass wir auch Aufmerksam sind. Jedenfalls versuchen wir dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Zum Beispiel in Form einer kontrollierten Abgabe. Dann bekommt die Patientin wirklich nur alle X Tage Y Tabletten – und keine Ausnahmen mehr, ausser sie geht ein neues Rezept holen vom selben Arzt. Was ich erstaunlich finde ist, dass das noch recht gut funktioniert, vor allem, wenn man dem Patienten das erklärt: “Ich mache das ja nicht zu meinem Vergnügen, sondern weil ich um Ihre Gesundheit besorgt bin. Das ist die Abmachung, die wir mit dem Arzt getroffen haben. Wenn das nicht gehen sollte, müssen sie mit dem Arzt Kontakt aufnehmen.”– nach ein paar anfänglichen Reklamationen spielt sich das mit der kontrollierten Abgabe oft gut ein.
Fangt mir hier nicht an mit: es liegt in der Eigenverantwortung von jedem selbst wie er mit seiner Gesundheit und seinen Medikamenten umgeht. Es liegt in meiner Verantwortung die Medikamente korrekt abzugeben . und dazu gehört auch zu schauen, dass die Leute sich nicht selbst vergiften. Auch nicht absichtlich, wenn’s geht.
Irgendwie ist es ja schon interessant, dass diese Aufgabe an uns fällt, die wir ja Medikamente verkaufen, denn wenn ich derart aufmerksam bin und solche Massnahmen ergreife … schränke ich ja auch meine Einnahmen ein. Trotzdem mache ich das, wie wohl die meisten Apotheker … man hat die moralische Grundlage und schliesslich hängt meine Berufsbewilligung daran.
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