PSIdiotie II: Studenten, die auf Trickser starren

Von den “Hirnis” im Pentagon und leichtgläubigen Geheimdienstlern war in unserem letzten Blogging die Rede. Doch Militärs und Schlapphüte haben keineswegs ein Monopol auf den Irrationalismus.
Heute deshalb ein weiterer Auszug aus “Parapsychologische Kriegsführung“, dem Buch des Journalisten Ronald M. McRae, der sich schon zwanzig Jahre vor Jon Ronson mit den “streng geheimen Psi-Forschungen der Großmächte” beschäftigte. Diesmal geht es um Studenten an einer amerikanischen Uni.

Der Glaube an Psi-Phänomene, die aus reinem Bluff bestehen, ist leicht zu erzeugen und nur schwer zu erschüttern. Die vielleicht beste Demonstration der Bereitwilligkeit von sogar hochgebildeten, alles hinterfragenden Menschen, Psi-Mummenschanz zu schlucken, wurde 1980 von den Psychologen Barry Singer und Victor A. Benassi von der California University in Long Beach in dem Aufsatz Wie man Leute ständig hereinlegt gemeldet.

Singer und Benassi ließen vor vier Klassen den Bühnenzauberer Craig Reynolds auftreten. Zwei Klassen schwindelten sie vor, der in einem purpurnen Chorgewand, Sandalen und einem Sternschnuppen-Medaillon auftretende Reynolds sei ein “graduierter Student, der sich für die Psychologie des Paranormalen bzw. Psi-Fähigkeiten” interessiere.

Die Lehrer wiesen darauf hin, dass sie von den medialen Fähigkeiten Reynolds oder irgend eines anderen “persönlich nicht überzeugt” seien. In zwei anderen Klassen wurde Reynolds als Zauberkünstler vorgestellt, und man versah die Studenten mit dem Hinweis, sämtliche Kunststückchen, die er vorführe, seien “leichte Amateurtricks, die seit Jahrhunderten praktiziert und sogar in Zauberkästen für Kinder erklärt” werden.

Dann las Reynolds in jeder Klasse mit verbundenen Augen dreistellige Zahlen vor, verschmierte Zigarettenasche auf die Handrückseiten einer Studentin, transferierte sie anschließend auf ihre Handinnenflächen und verbog eine Eisenstange, indem er sie mit den Fingern streichelte. Die Studenten sangen derweil im Chor “Verbieg sie!”

Die Ergebnisse des Experiments waren für jeden beunruhigend, der die Absicht hatte, an der University of California zu studieren. Es war nicht nur so, dass drei Viertel der Studenten in den Klassen, wo man Reynolds als Medium vorgestellt hatte, seine Show schluckten – zwei Drittel der Studenten jener Klassen, in denen er als Zauberkünstler eingeführt worden war, waren ebenso fest davon überzeugt, er müsse ein Medium sein. Es gab Studenten, die ihre Papiere mit Talisman-Symbolen zum Schutz gegen den Teufel bedeckten und Exorzismen anstimmten. Achtzehn prozent meldeten “Furcht und gefühlsmäßige Erregung”,

Singer und Benassi waren bei beiden Reynoldsschen Vorstellungen zugegen. In der Mitte des Verbiegungsgesanges, berichteten sie, “war die Klasse in einem schrecklich erregten Zustand. Die Studenten saßen starr auf ihren Stühlen, hatten glasige Augen, den Mund weit aufgerissen und sangen im Chor.
Als die Stange sich verbog, keuchten und murmelten sie. Nachdem die Unterrichtsstunde beendet war, saßen sie still auf ihren Stühlen, starrten leer vor sich hin, schüttelten den Kopf oder rannten aufgeregt auf Craig (Reynolds) zu, um ihn zu fragen, wie sie solche Kräfte entwickeln könnten.”

Singer und Benassi nennen die Ergebnisse ihres Experiments “bizarr” und weisen darauf hin, dass “Menschen stur den Glauben an jemandes geistige Kräfte aufrechterhalten, auch wenn sie es besser wissen. […] Sind wir Menschen wirklich so närrisch? Ja.”
Zum Weiterlesen:
  • Andreas Hergovich: Die Wirkung von Zaubertricks auf Para-Gläubige und Skeptiker. In: Skeptiker 1/2003

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