Psychoanalyse will grundsätzlich verstehen. Was geht in mir vor, wenn ich Angst habe? Warum grübele ich? Woher kommt mein ständiger Ärger? Auf solche Fragen findet der Betroffene während der Behandlung Antworten. Unbewusste Phantasien sind Schwerpunkt einer psychoanalytischen Therapie. Sie dauert recht lange – um die 240 Stunden können von der Krankenkasse gezahlt werden. Die Behandlung findet im Sitzen oder Liegen etwa 2- bis 3-mal pro Woche statt.
Der Patient kommt sich selbst auf die Schliche
Wer in Kaufhäusern Panikattacken hat, der hat unbewusst vielleicht “nur” Angst, mit Vergnügen bis zum Umfallen shoppen zu gehen. Wer in einem Aufzug “Platzangst” hat, der hat vielleicht Angst vor seiner eigenen Wut auf den Kollegen, der mit ihm im Aufzug steht. In einer Verhaltenstherapie würden – vereinfacht gesagt – Therapeut und Patient so lange Aufzug fahren, bis die Angst des Patienten verschwunden ist. In einer Psychoanalyse geht man der unbewussten Ursache der Angst nach. Sobald sie verstanden ist, löst sie sich oft auf.
Mehr als nur Reden
Die Psychoanalyse ist eine anthropologische Wissenschaft. Sie erforscht das Zusammenspiel von bewussten und unbewussten seelischen Vorgängen. Wie sich diese Kräfte auf das Verhalten und das Erleben auswirken, untersuchen Analytiker und Patient gemeinsam. Auch wenn Psychoanalyse zu Zeiten Freuds als “Redekur” galt, so ist es viel mehr: Durch die regelmäßigen Termine kann der Patient unbewusst mit dem Therapeuten Beziehungs-Situationen herstellen, die ihm bekannt vorkommen und die ihm immer wieder Probleme bereiten. Das ist dann die Gelegenheit, diese Situation genau zu betrachten. Der Analytiker behält den Überblick und ermöglicht es dem Patienten, neue Beziehungs-Erfahrungen zu sammeln. Diese Erfahrungen sind es, die grundlegende Veränderungen beim Patienten bewirken.
Psychoanalyse funktioniert auch im Sitzen
Viele Patienten fürchten sich vor der Situation, sich dem Therapeuten auf der Couch auszuliefern. Daher kann die Psychoanalyse auch im Sitzen durchgeführt werden, wenn das für den Betroffenen angenehmer ist oder wenn der Therapeut die Behandlung im Sitzen als sinnvoll erachtet. Wenn der Patient Vertrauen gefasst hat, kann es sein, dass die Therapie im Laufe der Zeit im Liegen auf der Couch fortgeführt wird. Der Vorteil des Liegens ist, dass der Patient noch freier erzählen kann, ohne die Reaktionen des Therapeuten in seinem Gesicht ablesen zu wollen. Manchmal fallen dem Patienten dann Dinge ein, die er längst vergessen glaubte.
Wer’s wissenschaftlich will:
“Der Begriff Psychoanalyse bezeichnet die Wissenschaft, welche die psychoanalytische Theorie, Methode und Behandlungspraxis umfasst. Als psychoanalytische Methode bezeichnet man das Vorgehen, mit dem der Psychoanalytiker die Manifestationen des Unbewussten im Erleben und Verhalten erforscht und für die Behandlung psychogener Störungen nutzt.” (Ermann)
“Die Psychoanalyse wurde zwischen 1890 und 1920 von Sigmund Freud und seinen Schülern aus der Hypnosebehandlung heraus entwickelt.” (Ermann)
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Literatur:
Michael Ermann:
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Ein Lehrbuch auf psychoanalytischer Grundlage
Kohlhammer Stuttgart 2004: 385
Links:
Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT)