Die Nacht ist dem Tag gewichen, ein strahlend blauer Frühlingsmorgen ist heraufgedämmert und die Episode auf dem Balkon nur noch eine Erinnerung.
In der Stationsküche duftet es nach Kaffee, während ich die Geschichte beim Frühstück brühwarm zum Besten gebe.
“Der alte Sack?” fragt Jenny und grinst.
“Altersgeilheit halt!” sagt Schwester Gaby, “Ist ja gar nicht so selten, obwohl ich das von dem jetzt nicht gedacht hätte…”
“Hat er Euch denn begrapscht oder dumme Kommentare gemach?” frage ich.
Schwester Gaby schüttelt den Kopf.
“Nein. Der nicht. Herr Waldmüller ist fast schon eine Art Gentleman…”
“Aber das nehmen wir ihm jetzt natürlich nicht mehr ab!” fügt Schwester Paula hinzu.
“Warum nicht?”
“So alt und noch so versaut? Ich glaube, von jetzt an werde ich den nicht mehr mit der Kneifzange anfassen! Kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine Frau freiwillig mit dem…”
“Es gibt Frauen, die machen das beruflich!” sagt Kalle.
Plötzlich sind alle still.
Kalle trinkt einen Schluck Kaffee und grinst.
“Die Mädels von Madame Jaqueline machen auch Hausbesuche!”
“Aber doch nicht im Altenheim!”
“Warum nicht?”
“Das ist doch unmoralisch!” sagt Schwester Paula.
“…und außerdem unästhetisch!” meint Jenny.
Kalle schüttelt den Kopf.
“Was soll denn daran unmoralisch sein, wenn beide Seiten einverstanden sind und man sich über den Preis der Dienstleistung geeinigt hat?”
Schwester Gaby holt tief Luft.
“Unmoralisch daran ist, dass es das für uns Frauen nicht gibt!” sagt sie.