Telefon klingelt.
„Kaiser Wilhelm ist in der Leitung, darf ich ihn durchstellen?“
Sie dürfen!
Für Kaiser Wilhelm habe ich immer ein offenes Ohr. Für Papst Benedikt auch, wenn er denn anrufen würde, den hatten wir nämlich ebenfalls schonmal hier, ist aber ‘ne Weile her und ich war nicht dabei, von daher kann es sich auch um ein Gerücht handeln. Auch König Ludwig und Prinz Heinrich sollen schon ihre Aufwartung gemacht haben, von Lady Diana oder Prinzessin Sissi hingegen habe ich noch nie gehört. Wer heißt denn auch schon „Lady“ oder „Prinzessin“ mit Nachnamen?
Kaiser Wilhelm jedenfalls ruft öfters an.
Es handelt sich natürlich, wie man sich vielleicht denken kann, um den Herrn Kaiser, Komma, Vorname Wilhelm.
Um den Herrn Doktor Kaiser, um genau zu sein. Darauf legt er nämlich Wert.
Herr Doktor Wilhelm Kaiser ist Hausarzt und mit seinem historischen Namensvetter hat er nicht nur den eindrucksvollen Schnurrbart gemeinsam.
Sein Wort ist Befehl, die Patienten lieben und verehren ihn und es soll sogar eine Initiative geben, eine Straße nach ihm zu benennen. Dass man dazu in der Regel zunächst tot sein sollte, wird von der Lobbygruppe diskret ignoriert, Dr. Wilhelm Kaiser ist auch zu Lebzeiten schon Legende.
Es knackt in der Leitung.
„Tag Herr Kollege, ich schicke Ihnen eine fünfundachtzigjährige Dame mit Verdacht auf Apoplex!“ sagt eine Stimme, die keinen Widerspruch duldet.
„Alles klar, dann sehen wir uns gleich!“
Doktor Kaiser begleitet nämlich jeden seiner Patienten persönlich bis ins Krankenhaus. Das Einweisungsformular drückt er dort dem Diensthabenden höchstpersönlich in die Hand und dann trifft er seine Anordnungen. Wehe wenn man etwas davon in Frage stellt!
Kalle hat das einmal getan aber selbst er hat klein beigeben müssen, und das will etwas heißen.