“Also gut,” sagt Kalle, “Ich will Dich nicht weiter auf die Folter spannen!”
Er trinkt aus und hebt seine Hand um eine weitere Runde zu ordern, obwohl mein Glas noch halbvoll ist. Es hilft nichts, dreißig Sekunden später habe ich ein zweites Bier vor mir stehen. Kalle prostet mir zu.
“Die Gegenseite plant nämlich auch etwas.”
“Wer ist die Gegenseite?”
“Die Anderen.”
“Aha?”
“Du weißt, dass es in unserem Gesundheitssystem zwei glasklare Fronten gibt: Ambulant und Stationär. Krankenhaus und Niedergelassene. In anderen Ländern mag das anders sein, aber hier ist es so. Zwar sind beide Seiten aufeinander angewiesen, aber im Grunde bekämpft man sich bis aufs Blut.”
“So? dann bekomme ich davon aber gar nichts mit.”
“Weil Du ein viel zu kleines Licht bist. Hier auf der Krankenhausseite wird der Krieg von unserem Verwaltungsdirektor geführt und von seinen Spießgesellen. Selbst der Chef ist eigentlich nur Befehlsempfänger und hat nicht viel zu sagen. Und wir Assistenzärzte haben rein gar nichts zu melden. Bei den Niedergelassenen ist das anders, da kämpft jeder gegen sich. Und deshalb sind in diesem Krieg die Waffen ungleich verteilt…”
“Aber sagtest Du nicht, dass die Gegenseite etwas plant? Ich nehme an, Du meinst damit die Niedergelassenen…”
“Das ist richtig.”
“Und was wollen die?”
“Das Krankenhaus will ein MVZ gründen und damit in ihren Gefilden wildern. Jetzt wollen sie schlicht und einfach den Spieß umdrehen.”
“Das heisst, die wollen auch ein MVZ aufmachen?”
Kalle lacht.
“Nun ja… nicht ganz…”
“Sondern?”
“Also… ich darf ja keine Namen nennen, aber…”
“Aber?”
Kalle trinkt sein zweites Bier im Eiltempo auf und schaut demonstrativ auf die Uhr.
“Ist schon spät geworden. Lass uns heimgehen!”
Dann winkt er nach der Bedienung und als ich meinen Geldbeutel herausholen will winkt er mit einer großen Geste ab.