Auf der Zuschauertribüne? – Kommentar zum Beschluß des Ärztetages gegen die eGK

In gerader Linie zu den Beschlüssen der vergangenen Jahre erneuerte der Ärztetag auch 2010 wenig überraschend sein Nein zur eGK.  Zuvor hatte die  Bundesregierung erklärt, die elektronische Gesundheitskarte (eGK) in abgespeckter Form einzuführen und schrittweise eine Telematikinfrastruktur mit weiteren Anwendungen aufzubauen.

Der komplette Beschluss kann übrigens hier im Originaltext nachgelesen werden. Die Beschlüsse zur Gesundheitskarte sind ab Seite 68 im Dokument zu finden.

Liest man den Text genau, so heißt es an entscheidender  Stelle:

Die jetzt vorgesehene „Online-Stammdatenaktualisierung“ der Versichertendaten an der Anmeldung der Arztpraxen mit der Speicherung der sensiblen Stammdaten, wie z. B. der Teilnahme am „Chronikerprogramm“ Diabetes oder Brustkrebs, in einer zentralen Serverstruktur widerspricht dem Recht der Versicherten auf informationelle Selbstbestimmung durch die mögliche Erstellung von Bewegungsprofilen. Das Recht der Ärztinnen und Ärzte auf geschützte und praktikable Durchführung ihrer ärztlichen Aufgaben wird missachtet. Es ist zu befürchten, dass vor allem zu Quartalsbeginn in allen Regionen ohne schnellen DSL-Anschluss die Arbeit in den Arztpraxen lahmgelegt wird.

Wenn man davon ausgeht, dass in dem Text kein Wort zufällig ist, fällt sofort der Bezug „an der Anmeldung der Arztpraxen mit der Speicherung der sensiblen Stammdaten“ auf. Dabei ist natürlich klar, dass der Vorschlag, der mit dem Begriff  „Wartezimmerkonnektor“ apostrophiert worden ist und zuletzt als Kompromiss in die Debatte eingeworfen wurde, gerade nicht an der Anmeldung der Arztpraxis stattfinden würde und eben nicht mit einer Speicherung sensibler Stammdaten einhergehen würde, da keine Verbindung zur Praxissoftware besteht. Hierzu wurde bereits an anderer Stelle berichtet. Herr Butz, Dezernatsleiter bei der Bundesärztekammer, hatte diese Idee ausführlich dargestellt.

Nimmt man jetzt noch hinzu, dass der bereits bestehende Bundesmantelvertrag eine Regelung beinhaltet, nach dem die Ärzte gezwungen sind, die Identität der Versicherten anhand der eGK zu überprüfen (Bericht zu diesem Thema) , wenn die technischen Voraussetzungen geschaffen sind und nimmt hinzu, dass ein analoger Vorgang im stationären Bereich längst Pflicht ist, wie Herr Bartmann, Kammerpräsident von Schleswig-Holstein und Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer auf dem Ärztetag ausführte , so wird immer deutlicher, dass alles für eine Regelung im Sozialgesetzbuch V gebahnt ist, die eine Überprüfung der Leistungspflicht der Krankenkasse zu Beginn jedes Quartals vorsieht und zwar auf dem Weg der Telematik.

Herr Bartmann führte dabei aus (Quelle) :

„Das häufig vorgetragene Argument an dieser Stelle, dass diese Überprüfung nicht in der Arztpraxis, sondern beispielsweise in der Filiale einer Krankenkasse stattfinden soll, unterstellt die Blödheit eines Diebes, (zur Krankenkasse zu gehen und) die gestohlene Karte selbst für den angestrebten Zweck wertlos zu machen“, meinte Bartmann. Dass bei diesem Vorgang der aktuelle Stammdatensatz übertragen werde, „ist doch kein Service für die Kasse oder, wie ich gelesen habe, ‚Arbeit, die wir für die Kasse erledigen‘ würden“, sondern einzig und allein ein „Service am Patienten“.

Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen.

Das komplette Referat von Herrn Bartmann kann man hier einsehen, die begleitende Präsentation findet man hier.

Quelle:

Dtsch Arztebl 2010; 107(20): A-982

Vereinbarung zur Gestaltung und zum Inhalt der Krankenversichertenkarte*
(Anlage 4 BMV-Ä)

BESCHLUSSPROTOKOLL DES 113. DEUTSCHEN ÄRZTETAGES VOM 11. – 14. MAI 2010 IN DRESDEN

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *