Fort- und weggebildet

Ach ja, Fortbildung ja war ja. Das ganze Wochenende lang. Auf einem Kurs, der eine Menge Geld gekostet hat und für den ich mich lange im Voraus habe anmelden müssen, weil begrenzte Plätze und Pflicht und so.
Bin ich jetzt klüger geworden? Ich bezweifele es.
Fangen wir von vorn an: Die Nacht zuvor also Dienst. War sogar ein halbwegs ruhiger Dienst.
Um fünf Uhr morgens muss ich nochmal raus, und danach dusche ich, ziehe mich an, schnorre mir im Schwesternzimmer ein fast noch genießbares Frühstücksbrötchen mit nur leicht angegammeltem Käse und trinke dazu ein Tässchen Kaffee, das heißt ich nippe nur daran weil das Tässchen, also der Inhalt des Tässchens offenbar die letzten paar Stunden auf der Heizplatte der Kaffeemaschine verbracht hat. Ich entsorge die Reste meines Mahles in Abfalltonne und Spülbecken und harre der Dinge.
Nichts passiert.
Chef hat mir signalisiert, dass ich ruhig etwas früher gehen kann und nicht unbedingt bis zur Übergabe warten muss, wenn Martin rechtzeitig da ist und der hat – in Anwesenheit des Chefs – eifrig betont daß er sogar extra eine Stunde früher kommen wollte um mich abzulösen.
Natürlich kommt Martin nicht rechtzeitig. Im Gegenteil, er kommt eine halbe Stunde zu spät, verschlafen, im Stau gestanden, Halsweh, Fieber oder was auch immer, interessiert mich nicht, ich drücke ihm den Dienstpiepser in die Hand und verlasse mit fliehenden Fahnen das Haus.
Ab ins Auto. Motor angeworfen. Blick auf die Uhr.
Habe ich erwähnt, daß der Ort des Geschehens sich ziemlich genau einhundertundsechzig Kilometer von Bad Dingenskirchen entfernt befindet?
Habe ich erwähnt, daß ich noch genau vierundachtzig Minuten Zeit habe, bis es losgeht?
Habe ich erwähnt, dass mein Auto hundertsechtzig Stundenkilometer schafft? Habe ich noch nie ausprobiert. Funktioniert aber. Hätte ich nicht gedacht!
Nun gut, im Stau und Stadtverkehr nützt mir das schnellste Auto nichts. Und dann noch siebeneinhalb Minuten Parkplatzsuchen, dann einen gefunden, natürlich im Halteverbot aber ohne Verkehrsbehinderung und dreieinhalb Minuten Fußweg zum Veranstaltungsort.
Habe ich erwähnt, daß in den Kursunterlagen ausdrücklich steht, dass ein Zu-spät-kommen von mehr als dreißig Minuten die Ungültigkeit des gesamten Kurses zur Folge hat?
Ich bin… fünfunddreißig Minuten zu spät, wenn ich die Eingangshalle betrete und meine Unterschrift unter die Anwesenheitsliste setze.

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