Ein Gastbeitrag von Juliane Uhl
Wissen Sie noch, was eine Volkszählung ist? Schauen wir mal zurück!
"Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. […] Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt." (Neues Testament, Lukas 2: 1,3)
Gehen Sie zur Volkszählung 2011?
Nein? Nicht verwunderlich, denn da geht niemand hin. Bei dieser handelt es sich nämlich eher um ein geheimes Projekt, still und leise im Hintergrund verabschiedet, findet die Volkszählung ohne das Volk statt.
Worum geht es eigentlich?
Auf der SIGINT, einer Konferenz des Chaos Computer Clubs zu Diskursen des digitalen Zeitalters, wurde unter anderem die geplante Volkszählung 2011 thematisiert.
Moment! Volkszählung? Nächstes Jahr? Wurde da irgendjemand gefragt?
Der Vortrag von Oliver "Unicorn" Knapp und Tim "Scytale" Weber umreißt vergangene Volkszählungen und beschreibt kurz, worum es aktuell geht:
Das ZensG 2011 (Gesetz über registergestützten Zensus im Jahr 2011) verlangt die Zusammenführung der Daten aus Meldeämtern, der Bundesagentur für Arbeit und Personalbehörden in den Landesstatistikämtern und dann im Bundesstatistikamt.
Hört sich erstmal an, wie ein weiteres Gesetz, dessen Inhalt und Sinn sich dem Otto-Normal-Mensch nicht erschließen möchte.
Darum hier im Klartext: Jede Person erhält eine Personenkennziffer, jedes Gebäude/ Wohnung erhält eine Kennziffer, jeder Haushalt, usw. Diese Daten dürfen nach §9 des Gesetzes zusammengeführt werden.
Hört sich immer noch nicht greifbar an? Deshalb hier eine Liste der Daten, die zusammengeführt und nicht anonymisiert werden (dürfen):
Während sich die ganze Welt inkl. Frau Aigner über Facebook echauffiert und deren Umgang mit Daten kritisiert, formiert sich im Hintergrund ein Datenmonster, dass ELENA in den Schatten stellt (vorerst, bald wird es ELENA sicherlich integrieren).
Die von mir in sozialen Netzwerken angegeben Daten beruhen auf Freiwilligkeit. So wie mir bei Nutzung einer Payback-Karte bewusst ist, dass mein Einkaufsverhalten gescannt wird, weiß ich, dass ich im Netz nicht in einem Tresor sitze, sondern zugänglich für nahezu jeden bin, auf welchem Weg auch immer.
Zur Angabe meiner Daten in Meldeämtern und bei der Bundesagentur für Arbeit bin ich verpflichtet, vielmehr werde ich gar nicht gefragt. Wenn diese Daten nun benutzt werden, um der Bundesregierung oder der EU bei Gesetzvorlagen und Planungen als Rohmaterial zu dienen, bin ich damit nicht einverstanden. Und vor allem ist für mich die Freiheit des Menschen und die Profilerstellung durch die Regierung nicht vereinbar. Dazu fällt mir Aldous Huxley ein, der im Vorwort von Schöne neue Welt schreibt:
„Die wichtigsten […] Projekte der Zukunft werden umfangreiche, von der Regierung geförderte Untersuchungen dessen sein, was die Politiker und die beteiligten Wissenschaftler ´das Problem des Glücks´ nennen werden – mit anderen Worten, das Problem, wie man Menschen dahin bringt, ihr Sklaventum zu lieben.“
Der Bürger wird komplett durchleuchtet, so dass er planbar ist, so dass er manipulierbar ist. Mit diesem Projekt rennen wir diesem Ziel mit beängstigend großen Schritten entgegen.
„Groß ist die Wahrheit, größer aber, vom praktischen Gesichtspunkt, ist das Verschweigen der Wahrheit. (Huxley 1946)“
Die Autorin:
Juliane Uhl, Magistra Medien- und Kommunikationswissenschaften / Soziologie, Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften und der Soziologie an der Martin-Luther-Universität in Halle an der Saale.
Mehr Texte und Informationen von und über Juliane Uhl finden Sie auf ihrem Blog Velamen Akademie
Quellen:
Bild: flickr.com, crowd by James Cridland