Dr. Peter Sawicki ist Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie. Zur Zeit ist der Medizinwissenschaftler noch der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Dieses Institut hat sich zur Aufgabe gestellt, die Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten zu verbessern. In dieser Eigenschaft wird das Institut als „fachlich unabhängiges, rechtsfähiges, wissenschaftliches Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen” gesehen.
Damit ist es unabhängig von Interessensgruppen oder politischen Parteien und konzentriert sich auf eine evidenzbasierte, wissenschaftlich begründete Beurteilung medizinischer Leistungen in Deutschland. In dieser unabhängigen Position kam das Institut des Öfteren zu Ergebnissen, die sich als wissenschaftlich richtig erwiesen, aber gesundheits- und finanzpolitisch weder vom Gesundheitsministerium, noch von der Pharmaindustrie begrüßt wurden. So prüft das Institut neue von der Pharmaindustrie auf den Markt gebrachte Produkte auf deren tatsächlichen therapeutischen Nutzen, wobei die wissenschaftliche Belegbarkeit des Nutzens im Vordergrund steht, und nicht der finanzielle Nutzen des Herstellers.
Dr. Sawicki betont dabei die Wichtigkeit empirischer Studien, die von neutralen Instanzen durchgeführt werden sollen, wobei auch eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten eine bedeutende Rolle spielt. Die Realität sieht indes so aus, dass die Pharmaindustrie in erster Linie eine Art Unschädlichkeitsnachweis für neue Medikamente zu erbringen hat. Ein wirklich pharmakologisch-medizinischer Fortschritt ist keine zwingende Voraussetzung für die Zulassung eines neuen Medikaments.
Das Tüpfelchen auf dem „i“ in diesem Szenario ist, dass nach erfolgter Zulassung der Hersteller die Preise frei festlegen kann, die die Krankenkassen zu tragen haben, falls ein Arzt dieses Medikament verordnet. Der Kommentar von Dr. Sawicki dazu: „Die pharmazeutische Industrie betrachtet Deutschland als Selbstbedienungsladen.“
Damit ist auch der fundamentale Interessenskonflikt klar. Das IQWiG will eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung, die nur durch wissenschaftlich bewiesene Tatsachen garantiert werden kann, auch um weiteren Medikamentenskandalen vorzubeugen. Die Industrie will eine Verbesserung ihrer Umsätze, die nur durch gesteigerte Verkaufszahlen garantiert werden kann. Die IQWiG will weniger Kranke, die Industrie will mehr Kranke, denn wenn alle gesund wären, dann wäre die Industrie krank.
Dr. Sawicki hat nicht nur einmal das zynische Geschäft mit der (fehlenden) Gesundheit aufs Korn genommen, weshalb er sich bei der Pharmaindustrie grundsätzlich unbeliebt gemacht hat. Schützenhilfe für die Pharmainteressen leistet die Politik, die um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Pharmaindustrie weltweit fürchtet.
Und so kommt es, wie es kommen muss: Dem Schulterschluss von politischen und finanziellen Interessen war es dann letztendlich zu „verdanken“, dass weder Kosten, noch Mühen gescheut wurden, Dr. Sawicki unter fadenscheinigen, in Szene gesetzten Gründen die rote Karte zu zeigen. Er muss zwar nicht seinen Hut nehmen, aber sein zum August 2010 auslaufender Vertrag wird nicht verlängert. Und sein Nachfolger wird dann wohl jemand sein, der „Kooperation“ über Wissenschaft stellt.
Das Endresultat: Die finanzielle Gesundheit der Industrie hat Vorfahrt vor der körperlichen Gesundheit der Bevölkerung.
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„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.“ (Heinrich Heine; Nachtgedanken 1844)