Vieles sprach schon in der Vergangenheit dafür, dass die Einnahme des teuren Cholesterinsenkers Ezetimib (Inegy®/Ezetrol®) den Patienten mehr schadet als nützt. Ein Nutzenbeleg steht nach wie vor aus, während es ernstzunehmende Hinweise auf unterschiedliche Gesundheitsrisiken gibt.
Insbesondere scheint der Wirkstoff nach den Ergebnissen der von den Herstellern lange zurückgehaltenen Daten der ENHANCE-Studie den Aufbau von arteriosklerotischen Ablagerungen nicht nur nicht zu hemmen, sondern möglicherweise sogar noch leicht zu begünstigen. Der Einsatz von Ezetimib gegen Arteriosklerose wäre damit ähnlich sinnvoll wie die Feuerbekämpfung mit Petroleum.
Heute ist eine teilweise von MSD, dem Hersteller des Medikaments finanzierte Studie erschienen, die den Geldgeber wenig glücklich machen wird. Die entsprechende Pressemitteilung könnte sogar dazu führen, dass die beteiligten Forscher in Zukunft weniger Zeit mit pharmafinanzierter Forschung verbringen müssen. Denn die Autoren, obwohl fast durchweg mit finanziellen Verbindungen zur Pharmaindustrie, formulieren ganz ohne die im Falle schlechter Nachrichten branchenüblichenüblichen Verklausulierungen unter dem Titel “Cholesterinsenker begünstigt möglicherweise Arterienverkalkung”:
Die Forscher konnten sich diese Ergebnisse bisher nicht so recht erklären. „Vielleicht ist unsere neue Studie der fehlende Mosaikstein, um zu verstehen, warum die erwarteten günstigen Effekte trotz weiterer Cholesterinsenkung ausgeblieben sind“, sagt die Leiterin der Studie, die Kölner Endokrinologin Professor Ioanna Gouni-Berthold. […]
Dabei wurde die Zusammensetzung der Lipide des LDL (LDL, deutsch: Lipoproteine niedriger Dichte) im Blut untersucht. Es ist bekannt, dass ein erhöhter Anteil von besonders kleinen, dichten LDL-Partikeln (sogenannte small dense LDL) mit einem erhöhten Risiko für Atherosklerose verbunden ist. Es scheint so, dass unter Ezetimib gerade dieser Anteil relativ zunimmt, trotz Senkung des LDL-Spiegels. Das Statin hingegen senkte diesen Anteil, aber wenn die beiden Arzneimittel zusammen verabreicht wurden, wird diese günstige Wirkung des Statins durch Ezetimib aufgehoben.
Im Paper selbst wird darauf hingewiesen, dass die ungünstige Wirkung des Präparats ausgerechnet bei der Patientengruppe besonders ausgeprägt zu beobachten ist, der es seit Jahren besonders häufig verschrieben wird:
Interestingly, we found that under treatment with ezetimibe alone, a significant association existed between baseline LDL-C concentrations and the pro-atherogenic changes of the LDL sub- fractions. Considering that the population of the current study was normocholesterolaemic and that ezetimibe is prescribed to patients with much higher LDL-C levels, it can be postulated that the pro-atherogenic effects of ezetimibe would be even more pronounced in the latter population.