Psyche und Magen

„Und? Gibt’s schon ein Ergebnis?“
Der Patient schaut mich etwartungsvoll an.
Kurzer Blick in die Krankenakte und ich setze mein strahlendstes Feiertagslächeln auf.
„Alles in Ordnung!“ sage ich.
Der Patient zuckt zusammen und sinkt in sein Kissen zurück.
„Scheiße!“ murmelt er.
„Warum?“
„Andersherum wär’s mir lieber gewesen!“
„Aha?“
„Dann wüßte ich wenigstens, was ich hätte.“
„Sie sind gesund. Magenspiegelung und Darmspiegelung waren völlig unauffällig. Freuen Sie sich!“
Der Patient schüttelt den Kopf.
„Und meine Bauchschmerzen? Die ständige Übelkeit? Die Blähungen? Wo kommt das jetzt alles her?“
Ich schaue mich verschwörerisch um um mich zu vergewissern dass niemand lauscht. Außer dem dementen Opa im Nachbarbett ist niemand da. Ich klappe die Krankenakte zu und setze mich auf die Bettkante.
„Woher kommt das alles?“ wiederholt der Patient.
„Genau das möchte ich Sie fragen!“
„Wie bitte?“
„Sagen Sie mir: Woher kommen Ihre Magenschmerzen?“
Der Patient runzelt die Stirn.
„Sie sind der Doktor!“
„Aber Sie haben die Beschwerden. Um Ihr Leben geht es, nicht um Meins!“
„Ich verstehe Sie nicht, Herr Doktor!“
„Jetzt erzählen Sie mir bitte mal, was Ihnen alles auf den Magen drückt! Stress? Ärger? Angst?“
Der Patient beginnt zu weinen.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *