Pilotprojekte in den Bereichen Telemedizin und eHealth sind in Deutschland bisher größtenteils als Insellösungen konzipiert – sie konzentrieren sich beispielsweise auf eine bestimmte Erkrankung oder sind regional begrenzt. Eine flächendeckende Gesundheitsversorgung ist dadurch nicht erreichbar, und auch mit öffentlichen Geldern geförderte Projekte laufen aus, ohne dass aus ihren Erfahrungen und Erfolgen eine Lehre gezogen werden konnte.
Frei nach Friedrich Hölderlin ist man versucht zu sagen "Was kümmert mich der bundesweit zunehmende Ärztemangel und der demographische Wandel, ich weiß von nichts als meiner seligen Insellösung."
Der Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer von 2010 hat dafür eine Erklärung. So stellte der 113. Deutsche Ärztetag fest: "Telemedizinische Projekte entstehen derzeit häufig auf Initiative einzelner Ärzte, die mit einem Versorgungsdefizit konfrontiert sind." Beispiele dafür gibt es zuhauf, etwa in verschiedenen Kooperationen Brandenburger Ärzte mit Berliner Kliniken zur externen Befundung medizinischer Daten, die an anderer Stelle erhoben worden sind. Dabei soll die notwendige Versorgung der Patienten im ländlichen Raum auf der einen Seite mit der Expertise und den Ressourcen auf der anderen Seite gebündelt werden.
Die größte Hürde auf dem Weg zur Regelversorgung mit telemedizinischen Angeboten stellen die einzelnen Insellösungen im Zusammenhang mit der fehlenden Standardisierung dar. Auch Thomas Barta, Ministerialdirigent und Leiter der Abteilung Gesundheit im Brandenburger Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (MUGV) erläuterte am 13. April 2010, dass das größte Problem in der Telemedizin die Existenz so vieler Insellösungen gepaart mit einer viel zu späten Suche nach Schnittstellen sei.
Im Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer zum 113. Ärztetag steht unter der Teilüberschrift Telematikinfrastruktur: Überwindung von Insellösungen: "Im Ergebnis ist allen Projekten gemein, dass sie Insellösungen darstellen. Im deutschen Gesundheitswesen ist eine Telemedizinlandschaft entstanden, die ein sehr heterogenes Bild unterschiedlichster medizinischer Versorgungsszenarien […] zeigt. […] Diese [Anm.: auf bundeseinheitlichen Grundlagen basierende] Infrastruktur soll den Anwendern von telemedizinischen Verfahren auch eine Unabhängigkeit gegenüber IT-Unternehmen gewährleisten, deren Geschäftsmodell in einer Nichtkompatibilität ihrer jeweiligen Lösungen gegenüber konkurrierenden Angeboten liegt. doctr.com dürfte mit seinen softwareunabhängigen Online-Angeboten wohl eine seltene Ausnahme in dieser zersplitterten und von Isolation geprägten Telemedizinlandschaft darstellen.
Es gibt deutschlandweit zahlreiche telemedizinische Projekte, die eigenständig entstanden sind. Wie vielfältig und unterschiedlich telemedizinische Ansätze und Projekte in Deutschland sind, wird im Ansatz erstmals von der interaktiven Landkarte von E-Health @ Home erfasst. Das erleichtert die Orientierung für Akteure im Gesundheitswesen, die in der Karte nach verschiedensten Kriterien einen Anbieter ihrer Wahl suchen können.
Die interaktive Deutschland-Karte soll einen systematischen und klassifizierten Überblick über die bislang mehr als 240 existierenden Dienstleistungen und Modellprojekte aus dem Bereich Telemedizin und Ambient Assisted Living (AAL) zur Fernüberwachung von Vitaldaten liefern.
Um einen Lerneffekt erzielen zu können, bezieht das Projekt E-Health @ Home auch gescheiterte Absichten aus der Vergangenheit in seine Beobachtungen mit ein, damit etwaige Fehler fortan vermieden werden können. Bis August 2011 sollen im Rahmen des Vorhabens aber auch Best-Practice Lösungen identifiziert werden.
Die Landkarte ist ein Teilvorhaben des Verbundprojektes E-Health @ Home, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird und sich mit den positiven sowie negativen Aspekten der Telemedizin beschäftigt. Zusammengestellt wurde die Karte vom Institut Arbeit und Technik (IAT) der Fachhochschule Gelsenkirchen.
Auf dem 113. Ärztetag machten die Abgeordneten deutlich, dass Sie in der Telemedizin eine wichtige Zukunftsaufgabe und Chance für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sehen: "In einem Kriterienkatalog haben die Delegierten ihre Anforderungen an eine technische Kommunikationsinfrastruktur formuliert. So soll der schnelle Datenaustausch zum Nutzen der Patienten verbessert werden. Beim Datenaustausch müssen Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet sein. Elektronische Patientenakten gehören nicht in die Hand von Kostenträgern und sollen nicht auf zentralen Servern oder in webbasierten Lösungen gespeichert werden."
Übrigens – im Bild oben sieht man es schon – doctr.com ist natürlich auch auf der E-Health @ Home Landkarte zu finden.
Wir wünschen allen Lesern deutschlandweit ein schönes Wochenende.
Quellen und weitere Informationen:
Ärztezeitung. (17. Juni 2010). Deutscher Telemedizin-Atlas verschafft Überblick
Bundesärztekammer. (Mai 2010). Beschlussprotokoll des 113. Deutschen Ärztetages in Dresden vom 11. bis 14.05.2010.
Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ambient Assisted Living.
Deutsches Ärzteblatt. (14. Mai 2010). Deutscher Ärztetag zu Ende gegangen.
Fachhochschule Gelsenkirchen. Institut Arbeit und Technik (IAT)
Institut für Arbeit und Technik. E-Health@Home Landkarte.
Institut für Arbeit und Technik. doctr.com auf der E-Health@Home Landkarte.
MEDICA. (09.06.2010). Gesundheitswesen: Landkarte Telemedizin veröffentlicht.