Die Debatte um die Gesundheitspolitik und -reform dreht sich 2010 größtenteils um die Zusatzbeiträge der Krankenkassen. Etwa 70 Millionen Deutsche sind Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse.
Bereits seit Juli 2009 zahlen die Versicherten der Gemeinsamen BKK Köln 8 Euro zusätzlich zum einheitlichen Beitragssatz, im Januar 2010 hat die Krankenkasse diesen Satz auf ein Prozent des Einkommens erhöht.
Seit Anfang 2010 haben 14 weitere gesetzliche Krankenkassen einen solchen Zusatzbeitrag eingeführt. Da dieser Betrag derzeit nicht mehr als ein Prozent des Jahreseinkommens ausmachen darf, liegt er bei den meisten Krankenkassen mit Zusatzbeitrag derzeit bei 8 Euro – denn erst bei einem darüber liegenden Betrag würde der tatsächliche Prozentsatz überprüft werden.
Außer der Gemeinsamen BKK Köln erheben lediglich die BKK für Heilberufe, die BKK Publik und die BKK Westfalen Lippe einen Zusatzbeitrag in Höhe von einem Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens. Bei der BKK Publik ist er überdies begrenzt auf höchstens 16 Euro, bei der BKK Westfalen Lippe auf höchstens 12 Euro.
Doch offensichtlich findet nicht jeder den Zusatzbeitrag gerechtfertigt – bis zu einer Million Versicherter weigern sich derzeit, die zusätzliche Gebühr zu zahlen. Allein bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) haben etwa eine halbe Million Versicherter ihre Zahlungsaufforderung ignoriert. Inzwischen ist eine Säumnisgebühr von 30 Euro Teil der geplanten Gesundheitsreform. Wer der Zahlung auch nach Aufforderung nicht nachgekommen ist, muss die Strafe zahlen. Daneben darf sein Schutz auf das medizinisch Notwendigste reduziert werden.
Gesundheitsminister Philipp Rösler möchte das Instrument der Zusatzbeiträge im Zuge der Gesundheitsreform noch ausweiten – Krankenkassen sollen dann einen Beitrag in unbegrenzter Höhe erheben dürfen. Durch einen Steuerausgleich soll laut Stern jedoch verhindert werden, dass Versicherte mehr als zwei Prozent ihres Einkommens zahlen. Die Beiträge der Arbeitgeber bleiben mit 7,3 Prozent bestehen. Dies steht im Zusammenhang mit der von Rösler beabsichtigten einkommensunabhängigen Beitragspauschale für Arbeitnehmer, bei der ein sozialer Ausgleich aus dem Steuersystem für Geringverdiener favorisiert wird.
Als Folge der Zusatzbeiträge haben Versicherte bereits im sechsstelligen Bereich von Kassen mit Zusatzbeiträgen zu Kassen ohne oder mit niedrigeren Extrakosten gewechselt. So haben die Barmer GEK, die Techniker Krankenkasse und die AOK bis Juli 2010 in etwa 800.000 Mitglieder gewonnen, die vorher größtenteils bei der DAK, der KKH Allianz oder der BKK Gesundheit versichert waren. Der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem geht davon aus, dass außerdem die Zahl der Krankenkassen in Zukunft von derzeit 163 auf 100 sinken wird.
Quellen und weitere Informationen:
ast/dpa. (31. Juli 2010). Zusatzbeiträge: Krankenkassen laufen Mitglieder davon. Focus Online.
ins/dpa. (28. Juli 2010). Folge der Zusatzbeiträge: Hunderttausende wechseln die Krankenkasse. Stern.
Jahberg, Heike. (29. März2010). Wegen Zusatzbeitrag: Hunderttausende Versicherte wechseln die Krankenkasse. Zeit Online.
Krankenkassen.Deutschland. (2010). Zusatzbeitrag trifft über zehn Millionen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen.
Ries, Gunnar. (10. März 2009). Gesundheit Flickr.