Star-Bloggerin des Tages: Avialle

Heute ist wieder eine neue Star-Bloggerin am Start, und zwar Avialle, die kleine Aufschneiderin, welche am diese Woche ihr PJ begonnen hat. Gestern, am Montag gab es nur Formalitäten, heute geht’s dann aller Wahrscheinlichkeit richtig los… Aber genug der Vorrede, lassen wir sie selbst zu Wort kommen:

Du schreibst von Deinem Traum, Chirurgin werden zu wollen. Was fasziniert Dich daran?
Ich habe schon als Kind gerne gebastelt und gewerkelt, mir machen Arbeiten die etwas Geschick und Geduld erfordern einfach unheimlich Spaß. Trotzdem könnte ich mir nicht vorstellen nur mit Maschinen oder beispielsweise am Computer zu arbeiten. Mit Menschen zu arbeiten war eigentlich schon immer mein Wunsch und die Chirurgie vereint diese beiden Richtungen meiner Meinung nach sehr gut. Außerdem mag ich die Herausforderung ein Vertrauensverhältnis der besonderen Art aufzubauen – schließlich ist es ein Unterschied, ob ein Patient vom langjährigen Hausarzt eine neue Tablette verschrieben bekommt oder ob ihm am nächsten Tag der Bauch aufgeschnitten werden soll. Da gehört schon ein wenig Einfühlungsvermögen dazu. Besonders erfreulich finde ich in operativen Bereichen die mehr oder weniger schnellen Ergebnisse, monatelange Aufenthalte mit vielen Höhen und Tiefen kommen insgesamt doch öfter auf internistischen Stationen vor.
Während meines Studiums habe ich viele andere Fächer kennen und lieben gelernt, sodass ich sicherlich auch eine gute Psychiaterin, Anästhesistin, Radiologin oder Internistin wäre. Trotzdem gefällt mir die Viszeralchirurgie noch immer ein bisschen besser, ein offener Bauch fasziniert mich mehr als ein offenes Herz, ein offener Schädel, ein Rätsel aus Symptomen und Laborwerten oder schwierig zu interpretierendes Schnittbild. Jeder sollte eben machen was er gut kann und ihm Freude bereitet. Das heißt ja nicht, dass man als Chirurgin nicht auch mal über den OP-Tellerrand hinausgucken darf – ich freue mich auf die Zeit im PJ bei den Anästhesisten und Internisten sowie auf der operativen Intensivstation!

Wie sähe Dein absoluter Traumjob aus?
Das wäre nach derzeitigen Vorstellungen wohl eine Klinik der Maximalversorgung in einer Großstadt (oder zumindest etwas größer), sodass man das bisschen Freizeit auch effektiv nutzen kann. Für mich als Nordlicht sollte das Meer auch nicht allzu weit entfernt liegen. Traumhaft wären natürlich wenige Dienste im Monat (so ca. 4), in denen dann auch wirklich nur spannende Notfälle kommen – oder man eben ein paar Stunden Schlaf findet. Gute Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sind mir da besonders wichtig, den OP-Katalog sollte man voll bekommen und nicht ab dem ersten Dienst völlig allein dastehen. Des Weiteren hätte ich gerne die Möglichkeit nach einer Schwangerschaft zunächst halbtags wieder anzufangen, ohne nur die Stationsarbeiten zu erledigen (in der Gyn gibt es schließlich auch halbe Stellen für OÄ, die dann 3x/Woche da sind und trotzdem operieren). Wünschenswert wäre ein nettes Arbeitsklima und Teamwork zwischen Ärzten und Pflege sowie auch untereinander ohne Konkurrenzdruck. In so einer Klinik wäre ein unbefristeter Vertrag mit der Möglichkeit zu Forschen noch das Sahnehäubchen.

Für wie realistisch hältst Du das?
In Deutschland in dieser Form für völlig unrealistisch. Bisher kenne ich keine chirurgischen Assistenten, die so wenige Dienste haben und generell gilt wohl je größer die Klinik, desto mehr Konkurrenzdruck, Stress, Überstunden (natürlich unbezahlt) und private Einschränkungen. In Großstädten kommt man in den Diensten wohl auch recht selten zum Schlafen. Daher kann ich mich wie es scheint schon glücklich schätzen, wenn ich eine Klinik finde mit einem guten Klima, netten Chef und guten Ausbildungsmöglichkeiten. Daher spiele ich auch schon länger mit dem Gedanken spätestens nach der Facharztausbildung ins Ausland zu gehen – je nach meiner persönlichen Situation zu diesem Zeitpunkt.

Wo siehst Du Dich in 10, 20, oder 30 Jahren?
In 10 Jahren bin ich hoffentlich Fachärztin für Viszeralchirurgie, vielleicht schon Funktionsoberärztin, verheiratet mit 2 Kindern (vielleicht auch mehr, kommt darauf an, ob gleich ein Mädchen dabei herauskommt^^), eigenem Haus am Rand einer Großstadt. Falls das alles nicht so funktioniert könnte ich mir auch vorstellen, im Ausland zu arbeiten, vielleicht Entwicklungshilfe zu leisten. Was in 20 oder 30 Jahren ist, kann ich mir mit 25 noch nicht so wirklich vorstellen, wahrscheinlich sieht es ähnlich aus wie oben – als Chefärztin sehe ich mich allerdings irgendwie nicht. ;-)

Wie willst Du Beruf und Privatleben (z.B. eine eigene Familie) miteinander unter einen Hut bringen?
Gut durchorganisiert und mit einem Partner, der für die berufliche Situation ausreichend Verständnis aufbringt, kann man diesen Balanceakt meiner Meinung nach schon hinbekommen, mir sind da mehrere Positivbeispiele bekannt. Auch ein zeitaufwendiges Hobby wie einen Leistungssport schaffen an meiner Uniklinik sogar Professoren in ihren vollgestopften Terminplan zu integrieren. Wie erwähnt hoffe ich da auf die Möglichkeit der halben Stelle wie in der Gynäkologie in naher Zukunft, da die Chirurgie ohne Frauen wohl kaum eine Zukunft hat. Man muss sich nur in den Hörsälen der derzeitigen Medizinstudenten umsehen, der Frauenanteil ist mehr als beachtlich. Auch wenn ich nicht studiert habe, um dann Hausfrau und Mutter zu werden, könnte ich mir trotzdem vorstellen mal ein Jahr Mutterschaftsurlaub zu nehmen, immerhin strebe ich keine Karriere an der Uni an und sehe mich daher auch nicht gezwungen am besten gleich nach der Geburt wieder im OP zu stehen. ;-)

Wie anfällig bist Du für Burnout?
Wahrscheinlich eher weniger.

Warum nicht?
Bisher habe ich weder die Schule noch das Studium als besondere Belastung empfunden, ich lasse mich nicht schnell stressen. Leistungsdruck motiviert mich eher als mich psychisch zu belasten und trotzdem glaube ich nicht so perfektionistisch zu sein, dass ich irgendwann einmal nur betrauere was ich nicht geschafft habe ohne mich darüber zu freuen, was ich erreicht habe. Mein Ziel ist mein Bestes zu geben, aber nicht mehr – ich werde die Welt sicherlich nicht retten und mache mir diesbezüglich auch keine Vorwürfe.

Wie wirst/willst  Du dich davor schützen?
Durch Freunde und Bekannte im medizinischen und Pflegebereich habe ich erfahren wie wichtig der Rückhalt durch Familie und Freunde ist. Außerdem hilft mir der Sport sehr beim Ausgleich von Stress und sorgt dafür, dass man auch mal etwas anderes im Kopf hat als Medizin. In der letzten Zeit komme ich immer mehr ab vom „Idealbild Arzt“, dem alles wissenden und nur für die Arbeit lebenden Fernsehvorbild. Man wird sowieso nie alles wissen und daher genieße ich meine Freizeit wo ich kann – in puncto Privatleben bin ich definitiv sensibler geworden. Man muss die Arbeit nicht suchen, die findet einen eh von selbst!

Angenommen, heute Nacht erscheint Dir eine gute Fee und gewährt Dir drei Wünsche – auf Deinen Beruf und das Gesundheitssystem bezogen. Was wünschst Du Dir?
Wünschen würde ich mir einen gesundheitsbewussteres Verhalten der gesamten Bevölkerung, sodass diese ganzen unnötigen und teueren Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Typ II Diabetes, hoher Blutdruck und co. auf ein Minimum reduziert würden. Dann hätte man auch wieder Geld übrig für mehr Personal und einen menschlicheren Umgang – mit Patienten aber auch mit dem Personal. Außerdem wünsche ich mir, dass die Entscheidungen im Gesundheitswesen nicht von Politikern, Wirtschaftsbossen und anderen Bürokraten ohne Ahnung von Krankheiten und Kliniksführung getroffen würden, denn eine Klinik ist keine Fabrik und Gesundheit kein Einheitsprodukt. An dritter Stelle würde ich mir eine noch praxisbezogenere Lehre an medizinischen Fakultäten wünschen – denn ohne guten Nachwachs nützt alles reformieren und umstrukturieren auch nicht viel!

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