Wie Chirurgen sterben (Teil 3)

Herr Dr. Großbaum starrt aus dem Fenster.
Seine Lippen sind tiefblau und seine Augen eigefallen. Der Atem geht rasselnd.
„Ja, damals, zu meiner Zeit…“
Herr Dr. Großbaum keucht.
„“…da musste man hart sein gegen sich selbst!“
Okay, das kann man sehen wie man will.
„…das ganze Wochenende lang Dienst, achtundvierzig Stunden am Stück…“
„Wie haben Sie das bloß durchgehalten?“
Dr. Großbaum macht eine wegwerfende Handbewegung.
„…und Montags ging’s selbstverständlich ganz normal weiter!“
„Und das haben Sie durchgehalten?“
„Wir waren nicht so verweichlicht wie die heutige Jugend. Wir waren hart im nehmen. Morgens eine Captagon und abends ein Wodka. Und zwischendurch haben wir uns von Kaffee und Zigaretten ernährt!“
Das Letztere, das glaube ich Dir gerne!
„Haben Sie sich denn gegenseitig unterstützt?“
„Unterstützt?“
Dr. Großbaum versucht zu lachen aber es wird nur ein heiseres Husten.
„Unterstützt? Bekämpft haben wir uns! Gehasst haben wir einander! Wir haben uns gegenseitig vom OP-Plan gestrichen. Dem Chef war das Recht. Der wollte das so! Damit der richtige Kampfgeist aufkam. Deswegen hat er mal den einen und mal den anderen bevorzugt!“
Aha?
„…nur so konnten wir die notwendigen Erfahrungen sammeln. Wissen Sie, mein alter Chef, der hat immer gesagt: Hunde, die man zum Jagen tragen muss…“
„Ja?“
„…er hat den Satz nie vollendet…“
„…taugen nichts!“ zischt Schwester Paula mir leise zu.

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