Eine Nacht mit Jenny

Kurz vor acht fällt mir ein, dass ich ja unbedingt noch einkaufen muss. Im Laufschritt mache ich mich auf den Weg zum Supermarkt. Ein Paket Butter, eine Packung Käse, Salami, Kochschinken… brauch ich alles nicht, würde aber sonst viel zu verdächtig wirken. So, und jetzt… guckt gerade keiner? Dann kann ich ja schnell rüber in die Drogerieabteilung… eine Packung Zahnpasta, ein Duschgel, und…. wieso fängt mein Puls jetzt plötzlich an zu rasen? Und wo, verdammt nochmal, sind diese… äh…. sag bloß, die gibt’s hier nicht? Nee, wirklich nicht. Hab alles abgesucht. Das darf doch nicht wahr sein! Was mache ich jetzt bloß?
Den Einkaufswagen einfach stehen lassen? Nee, das traue ich mich nicht. Halt! Schnell noch eine Flasche Sekt eingepackt und dann zur Kasse, vielleicht gibt’s ja noch eine andere Möglichkeit… bezahlen, alles in den Rucksack stopfen, und dann weiter, nebenan ist ja noch der Drogeriemarkt, wäre ich mal gleich dahin gegangen anstatt… aber jetzt ist es gerade acht Uhr durch, keine Chance mehr. Höchstens noch an der Tanke. Da gibt’s die Dinger mit Sicherheit, das weiß ich! Aber das trau ich mich dann doch nicht… oder… aber ich kann doch nicht ohne… Moment mal! Ja, das ist die Lösung!
Also gut.
Erhobenen Hauptes betrete ich die „Brückenklause“ und stelle mich an den Tresen. Gespräche verstummen. Fünf gerötete Augenpaare starren mich an. Hinter der Theke steht eine adipöse Mittsechzigerin mit blondierten Haaren und nikotingegerbtem Gesicht. Ich grüße freundlich in die Runde.
„Ein kleines Bier bitte!“
Blick auf die Uhr. Ich habe noch Zeit, der Spätdienst ist erst um neun Uhr zu Ende und überpünktlich aufzukreuzen ist auch nicht gut.
Ich trinke das Bier aus, bezahle und… gemessenen Schrittes suche ich die sanitären Einrichtungen auf. Keiner schaut mir nach. Wirklich keiner? Ich warte, bis die Tür hinter mir ins Schloss gefallen ist. Ein strenger Geruch umwabert mich. Aber dort in der Ecke… ja wirklich, ich wusste, dass ich diese schmierige Eckkneipe nicht vergeblich aufgesucht habe!
Schnell eine Münze rausgekramt, und noch eine, ritschratsch und fertig.
Dann gehe ich deutlich erleichtert auf die Straße, stecke mir ein Pfefferminzkaugummi in den Mund und stehe wenig später mit einer Flasche Sekt in der Hand und deutlicher Sinustachykardie vor dem Schwesternwohnheim.
Punkt Einundzwanzig Uhr dreißig klingele ich bei Jenny.

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