Wusstet ihr, dass im Krankenhaus nicht nur Tumore, sondern auch Patienten und deren Angehörige als “maligne” gelten können? Nein? Ich auch nicht. Bis die Schwestern mir dies über einen Patienten und seine Frau erzählten. Der Mann sollte nach einigen Tagen Krankenhausaufenthalt entlassen werden. Nun hatte allerdings irgendjemand beobachtet, wie der Patient hustete und dabei ein wenig Auswurf hatte. Logische Schlussfolgerung: Röntgen-Thorax zum Pneumonieausschluss. Der Patient war im ersten Moment verärgert, wollte die Untersuchung nicht mehr machen lassen und lieber gleich nach Hause gehen. Er ließ sich jedoch mit Mühe dazu überreden, dass es besser sei, die Untersuchung durchzuführen, und dass sie auch nicht lange dauere.
Kaum war der Mann unterwegs, kam seine Ehefrau auf die Station, um ihn abzuholen. Als sie erfuhr, dass ihr Mann zum Röntgen sei, reagierte auch sie verärgert und begann einen Streit mit einer Pflegerin.
Manch einer wird jetzt sagen: “Tja, solche nörgelnden Leute gibt es!”. Ich hatte glücklicherweise in diesem Moment ein wenig Zeit – also beschloss ich mit der Ehefrau zu reden.
Was ich dabei erfuhr war eine traurige Krankengeschichte, die bedeutend emotionaler war als die Diagnosenliste in der Patientenakte. Eine Geschichte, die sich größtenteils in unzähligen Wartezimmern und Krankenhausfluren abgespielt hat. Kein Wunder also, dass der Patient die Klinik lieber früher als später wieder verlassen wollte. Und ich erfuhr noch etwas: Nach einer überstandenen Krebserkrankung sei bei einem Thorax-CT “noch irgendetwas” gesehen worden. Als die Frau nun hörte, dass ihr Mann zum Röntgen von eben dieser Region sei, bekam sie einfach Angst. Furchtbare Angst. Angst, dass der Krebs wieder da sein könnte. Und niemand hatte ihr erklärt, dass es eigentlich um etwas ganz anderes ging.
Als sie den tatsächlichen Grund für die Röntgenaufnahme erfahren hatte, wurde sie bereits bedeutend ruhiger. Und am Ende bedankte sich die Frau bei mir, dass ich mir Zeit genommen hätte, ihr die Hintergründe zu erklären. Und das, obwohl ich eigentlich nur ein paar Minuten zugehört und kurz die Untersuchung erläutert hatte.
So kann ich Euch nur empfehlen: Auch wenn auf Station viel zu tun ist, nehmt euch ein paar Minuten, in denen ihr euch mit den Patienten und deren Angehörigen unterhaltet und ihnen zuhört! Gerade als Studenten haben wir doch noch ein wenig mehr Zeit als das restliche Personal. Es lohnt sich!
Lasst uns gemeinsam die Krankenhäuser wieder ein bisschen menschlicher machen!
Julian aus Magdeburg