Katastrophenplanlos

Aus aktuellem Anlass heute mal ein Erlebnis der anderen Art:

Samstag Morgen, kurz nach sechs. Der Nachtdienst ist fast zu Ende und war bislang ganz passabel: also nicht mehr Hektik als das, was man gewohnt ist. Jetzt also ein Anruf. Okay, viel kann jetzt nicht mehr passieren, von mir aus noch ein oder zwei Zugänge, und wenn alles gut geht gibt’s in zwei Stunden knusprige Brötchen und frischen Kaffee.
Also jetzt erstmal ein Gespräch von draußen.
„Ich stelle durch!“
Knacken in der Leitung. Die Rettungsleitstelle ist an.
„Halten Sie sich bitte bereit für einen Massenanfall von Verletzten!“
Großeinsatz. Karambolage auf der Autobahn, Laster umgestürzt, mehrere PKW sind reingefahren plus Folgeunfälle. Was genau los ist, weiß man noch nicht, aber man will uns schonmal informieren.
Ach ja!
Noch nicht ganz wach dackele ich also in die Notaufnahme. Da ist alles ganz ruhig und friedlich, es gibt sogar genießbaren Kaffee.
„Und was soll ich jetzt machen?“
Schwester Gaby schaut mich mit ernstem Blick an.
„Vielleicht den Chef anrufen?“
Gute Idee!
Chef ist auch schon wenige Minuten später an Bord und erteilt ruhig und besonnen seine Anordnungen. Mich schickt er rauf auf Station.
„Schauen Sie nach, wer alles entlassen werden kann! Aber keine Panik verbreiten!“
Er selbst kümmert sich darum, die Intensivstation frei zu räumen.
Ja, und dann?
Dann kommt Oberarzt Biestig in seinem Porsche angebrettert, hält mit quietschenden Reifen in der Krankenwageneinfahrt und und brüllt irgendwelche Kommandos. Auch Kalle ist kurz darauf eingetroffen und Gaby hat es geschafft, ein paar Pflegekräfte zum Sondereinsatz herbeizutelefonieren. Gemeinsam sitzen wir in der Notaufnahme und warten.
Eine halbe Stunde später knattert der Rettungshubschrauber über uns hinweg. Und wir warten weiter.
Eine Unterschenkelfraktur, ein Sprunggelenk und ein paar Leichtverletzte mit Prellungen, Kratzer und Schleudertrauma, das war alles.
„Haben wir eigentlich einen Katastrophenplan?“ fragt Kalle später.
Chef schüttelt den Kopf. Aber er hat ganz fest versprochen, einen zu machen.

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