Warum ich nicht auf Ärztedemos gehe

Immer wieder mal machen Ärzte von ihrem in unserer Verfassung garantierten Demonstrationsrecht Gebrauch. Mal sind es mehr, mal sind es weniger. Mal steigt eine Riesensause in Berlin, ein anderes Mal sind es nicht ganz so viele in Köln. Ab und zu sind’s die Krankenhauskollegen und mal die Anderen. Und gestern, ach ja, gestern da war’s dann wieder mal soweit.
Ja, gestern, da sind halt dann die Hausärzte auf die Barrikaden gegangen.
Ja.
Hmm.
Und?
Zwei von ihnen halten ein Transparent in die Kameras, auf dem steht: „Erst stirbt die Praxis, dann stirbt der Patient!“
Glaub ich nicht, was da steht.
Aber mich fragt ja keiner.
Das Photo dieser beiden Kollegen aus Essen verbreitete sich gestern lauffeuerartig durch Fernsehen und Internet und ist heute in den Printmedien zu sehen, allerdings nicht unbedingt immer auf der Titelseite.
Die Ärztezeitung berichtet ausführlich und tendenziell wohlwollend über die Veranstaltungen, Spiegel Online hingegen schlägt andere Töne an: „Ärzte sahnen trotz Wirtschaftsflaute kräftig ab!“ heißt es.
Die können wohl ihren Hals nicht voll kriegen, oder?
Hmmm.
Böse, böse, diese Unterstellung!
Also, ich bin nicht hingegangen. Weder gestern in Essen oder Sindelfingen noch im März in Köln noch vor zwei Jahren in Berlin.
Warum nicht?
Wollt Ihr es wirklich hören?
Aber ich will kein Nestbeschmutzer sein. Nee, wirklich nicht. Trotzdem muß es einmal gesagt werden:
Es gibt nämlich längst genug Geld!
Richtig, Leute, im deutschen Gesundheitswesen gibt’s irgendwo einen irrsinnig riesiggroßen gigantischen Haufen von Kohle, Asche, Schotter, Moos, Moneten, Marie und Penunzen.
Und mehr davon gibt’s nicht. Geht einfach nicht! Oder wollt Ihr etwa, dass die Krankenkassenbeiträge noch weiter ansteigen, auf zwanzig oder dreißig Prozent?
Nee? Wirklich nich? Richtig, ich auch nicht!
Das deutsche Gesundheitssystem ist ein gigantisches Nudelsieb, da kippt man oben eine Menge rein und kaum etwas bleibt hängen.
Die Kohle versickert in der Bürokratie und bei den Kleptokraten der Pharmaindustrie, heißt es.
Aber jetzt stellen wir uns mal vor: Alle Bürokraten und Manager würden am nächsten Laternenmast aufgeknüpft und und die Pharmaindustrie wäre mit vorgehaltener Waffe zur kostenlosen Herausgabe ihrer überteuerten Schätze gezwungen. Alles, wirklich alles Geld käme bei den Ärzten an (Pflegepersonal und andere Gesundheitsberufe kriegen auch ein bißchen ab). Was würde passieren?
Richtig, einige Ärzte würden verdammt dick absahnen. Und zwar genau diejenigen, die das heute schon tun. Und die anderen kriegen nix ab.
Das ist es nämlich, was zum Himmel schreit: ein extrem unfairer und undurchschaubarer Verteilungskampf innerhalb der Ärzteschaft und allen möglichen anderen Interessengruppen (zu denen natürlich auch die Pharmaindustrie und jede Menge Bürokraten gehören).
Die Hausärzte schneiden dabei übrigens gar nicht so schlecht ab. Zumindest in einigen Bundesländern. Und da ist man gestern auch nicht auf die Straße gegangen sondern hat sich heimlich ins Fäustchen gelacht.

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