Tja, und dann war da noch der Junge, der wirklich allergisch war.
Wir alle wussten Bescheid, hatten einen Notfallplan an verschiedenen teaminternen Stellen hängen und haben auch in den abendlichen Teambesprechungen regelmäßig durchgekaut, was zu tun ist, wenn er gestochen wird. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass die meisten Betreuer es verstanden haben.
Er ging auch wirklich offen damit um und hat allen Betreuern geduldig erklärt, was er da immer in seinem Rucksack mit sich rumschleppt und wie man das anwenden muss.
Wir waren für den Ernstfall also recht gut vorbereitet, haben aber natürlich trotzdem gehofft dass er nicht eintreten wird…
…was natürlich naiv war.
Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass unser Ferienlager ein Schlaraffenland für Wespen und Hornissen war. Mitten im Wald, bevölkert von eisessenden Kindern und Erwachsenen, ausgestattet mit Esstischen unter freiem Himmel und Mülleimern voller (aus Insektensicht) köstlicher Sachen.
Die Wahrscheinlichkeit, nicht gestochen zu werden ist gering, vor allem, wenn man von panisch um sich schlagenden Kindern umringt ist.
Es kam, wie es kommen musste. Unser Wespenjunge wurde natürlich gestochen.
Weil alle Bescheid wussten und wir uns regelmäßig abends den Mund fusselig geredet haben über die Maßnahmen, lief es erstaunlich gut ab.
Wespenjunge selber kannte sich ja auch schon richtig gut aus und war ruhig und gelassen, nahm sein Adrenalin, sein Fenistil und trank dann mit angewidertem Gesichtsausdruck sein Glukokortikoid. Währenddessen rief die eine Chefreiseleiterin den Rettungsdienst, die andere informierte die Mutter, und ein paar besonders geistesgegenwärtige Betreuer sorgten dafür, dass die anderen Kinder sich entfernten und auf der anderen Seite des Geländes gut beschäftigt waren, damit sie die Ankunft der beiden lauten Autos nicht mitbekommen (die Kids hatten echt ne blühende Phantasie und es gab immer die irrsinnigsten Gerüchte, was wohl passiert sein könnte) (die verrücktesten Gerüchte liste ich mal in nem separaten Artikel auf *g*).
Wespenjunge, seine Betreuerin und ich warteten in der Zwischenzeit ganz friedlich, er in Schocklage und in ne Decke gewickelt, und haben „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ gespielt um ihn ein wenig abzulenken. (Er hat gewonnen.)
RTW und NEF trafen dann auch zeitgleich nach nur sechs Minuten bei uns ein, packten den Jungen und mich ein und brachten uns ins Krankenhaus, allerdings nicht ohne einen kleinen Zwischenstopp: Eine Wespe hatte sich in den Patientenraum des RTW verirrt und musste erst mit vereinten Kräften rausgeschmissen werden. Wäre ja noch schöner… ; )
Die Fahrt war für mich tatsächlich eine willkommene Abwechslung vom Ferienlageralltag (ja, ich schäme mich nicht, es zuzugeben!); man kannte sich ja bereits, und so plauderten der Rettungsassistent und ich halt über meine „Not“fälle im Ferienlager und die Einsätze, die der örtliche RD dem zu dem Zeitpunkt stattfindenden StadtDorffest zu verdanken hatte.
Weil wir an diesem Tag im Ferienlager einen Mottotag hatten, trug ich ein Kostüm, in dem ich tendenziell unseriös aussah. Als wir in der RTW-Auffahrt des Krankenhauses standen, schnappte der RA sich meine äußerst alberne Mütze und lief (unter grinsendem Kopfschütteln seiner Kollegen) dann so durchs Krankenhaus.
Danke nochmal, dadurch hab ich mich deutlich weniger bescheuert gefühlt! xD
Wespenjunge war quietschfidel außer Lebensgefahr, musste aber natürlich trotzdem über Nacht zur Beobachtung dableiben.
Weil wir unsere Kinder im Krankenhaus nicht alleine lassen, tauschte ich schweren Herzens mein Feldbett gegen ein weiches Zustellbett in seinem Krankenzimmer und verbrachte dann die halbe Nacht damit, seinen Monitor anzustarren. Gnarf. Da hat man schon einmal die Chance, in einem richtigen Bett zu schlafen, und dann kriegt man kein Auge zu, weil das (völlig unauffällige) EKG einen nervös macht. Uncool. *g*
Am nächsten Tag (nachdem die Schwester und ich mit vereinten Kräften die Wespe ermordet entfernt haben, die sich irgendwie ins Zimmer verirrt hatte…) durften Wespenjunge und ich auch wieder zurück ins Camp.
Einen kleinen Zwischenstopp in der „Stadt“ haben wir aber gemacht, um in der Apotheke sein Notfallset neu aufzufüllen (was, wie sich zwei Tage später herausstellte, auch nötig war) und um die Eisdiele zu überfallen. : )
Ich mag Wespen nicht…