Gestern ging in New York die Konferenz zur weiteren Finanzierung des Globalen Fonds zu Ende. Eine Einschätzung der Ergebnisse von Peter Wiessner
Mit einem enttäuschenden Ergebnis ist die Konferenz zur Unterstützung des Globalen Fonds in New York zu Ende gegangen. 20 Milliarden US $ sollten für die Arbeit der kommenden drei Jahre gesammelt werden. Nur 11,7 Milliarden wurden zugesagt (rund 8 Milliarden Euro). Bis zum Schluss hatte man gehofft, dass die anwesenden Politiker sich ihrer Versprechungen der Unterstützung des Kampfes gegen Aids, Tuberkulose und Malaria weiterhin verpflichtet fühlen.
Auch Deutschland hatte lange mit konkreten Zusagen gezaudert, was für die Motivation anderer Geldgeber sicherlich nicht hilfreich war. Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) wollte Zusagen begrenzt auf ein Jahr und auch nur in der Höhe von 200 Millionen Euro geben. Gestärkt werden solle in Zukunft eher eine bilaterale Entwicklungshilfe, heißt es aus seinem Ministerium: ein Rückfall in alte Formen der Entwicklungszusammenarbeit, in der die Erschließung von Absatzmärkten im Vordergrund steht. Man könnte auch sagen: eine Entwicklungshilfe, die nicht an den Nöten der Armen, sondern vielmehr an nationalen Eigeninteressen orientiert ist. Angesichts der Verantwortung die Deutschland in der Staatengemeinschaft übernehmen möchte – angestrebt ist bekanntlich ein Sitz im UN Sicherheitsrat – muss gefragt werden, wie lange eine solche Entwicklungshilfepolitik tragbar ist.
Und sie bewegt sich doch!
Auf der Millenniumskonferenz hatte Kanzlerin Merkel noch vor wenigen Tagen verkündet, dass der Globale Fonds weiterhin „auf hohen Niveau“ unterstützt werde, dabei allerdings ebenfalls die Zusage konkreter Zahlen vermieden. Das hat Anlass zu Spekulationen gegeben und das Ansehen der Regierung enorm beschädigt. Der Druck der HIV Community hat dazu beigetragen, dass während der Konferenz in New York nun die gegeben Zusagen in voller Höhe von 600 Mio. Euro bekräftigt worden sind. Die Bundesregierung ist damit weltweit der drittgrößte Geldgeber des Globalen Fonds, hinter den USA mit Zusagen in Höhe von 4 Mrd. US Dollar und Frankreich mit Zusagen in der Höhe von 1.080 Mio. Euro. (Übersicht der Zusagen) Es ist gut, dass die Kanzlerin ihr Wort gehalten hat. Warum nicht gleich so? Wenn dies früher gekommen wäre, hätte dies gegenüber anderen Ländern eine positive Signalwirkung entfalten können.
Trotzdem sind die Ergebnisse der Geberkonferenz ein Armutszeugnis für die internationale Staatengemeinschaft. Diese hatte noch auf dem Millenniumsgipfel im September die Verwirklichung der Entwicklungsziele bekräftigt (wir berichteten) und zeigt nun, wie wenig gesprochenes Wort Wert ist.
Die fehlenden 8,3 Milliarden US $ werden dazu führen, dass bereits geplante Programme des Globalen Fonds nicht umgesetzt werden können. Aus der geplanten Erweiterung der außerordentlich erfolgreichen Programme wird nun nichts werden. Dies wird zum Verlust von Millionen Menschenleben führen. Hochgerechnet werden nun 3.1 Millionen Menschen keine lebenserhaltenden HIV -Therapien bekommen können, 2.9 Millionen Menschen werden keine Therapie gegen Tuberkulose erhalten und 490.000 Mütter werden während der Geburt keine Behandlung zur Vermeidung der Mutter-Kind Übertragung bekommen. Würde der Globale Fonds in der geplanten Höhe finanziert werden, könnten solche Infektionen bis 2015 komplett gestoppt werden.
UN Generalsekretär Ban Ki-Moon sagte den Geldgebern vor der Konferenz, dass die Welt den Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria verlieren könnte, wenn der Globale Fonds nicht voll unterstützt werde: „wir werden das, was wir bereits erreicht haben wieder aufgeben müssen und auf den Ausgangspunkt zurückkehren. All die bisherigen Anstrengungen und Investments werden vergeblich gewesen sein. Die Entscheidungen, die sie heute treffen, werden den Ausgang maßgeblich beeinflussen“.
Was kümmert uns unser Geschwätz von gestern?
Einige Länder haben übrigens gar nichts in den Globalen Fonds einbezahlt, bzw. früher gegebene Zusagen erst gar nicht eingehalten: Eines diese Länder ist das Italien Berlusconis.
Bedauerlich ist auch die vornehme Zurückhaltung Österreichs: die Anwesenheit der globalen HIV Community und die, im Glanz der Welt Aids Konferenz in Wien geführten Diskussionen, scheinen die Verantwortlichen in der Österreichischen Regierung nicht wirklich erreicht bzw. überzeugt zu haben.
Für Menschen in Entwicklungsländern ist die finanzielle Unterstützung von Hilfsprogrammen eine Frage des Überlebens:
„Unsere Brüder und Schwestern erwarten verzweifelt die Ausweitung von Behandlungs- und Präventionsprogrammen“, betont Shiba Phurailatpam, regionaler Koordinator des Pazifischen Netzwerks der Menschen mit HIV (ANP+). „Es kann nicht akzeptiert werden, dass der Globale Fonds finanziell dahin kümmert während die reichen Nationen Trillionen bereitstellen, um den verantwortungslos handelnden finanziellen Sektor zu retten. Ein Bruchteil der Gelder, die für die Rettung der Banken ausgegeben worden sind, hätten gereicht um Menschenleben zu retten und den Globalen Fonds in voller Höhe zu unterstützen“.
Dem ist schwerlich etwas hinzuzufügen. Oder etwa doch?
Peter Wiessner ist Diplom-Sozialwissenschafter, langjähriger freiberuflicher Mitarbeiter der DAH und Mitglied der European AIDS Treatment Group mit Interesse an HIV-, Menschenrechts- und Gesundheitspolitik.