„Frau Kübler läßt fragen, ob Sie ihren Kaffee bekommen kann!“ fragt Schwester Anna morgens um halb acht, als wir gerade mit der Frühbesprechung angefangen haben.
„Selbstverständlich kann sie das. Aber Du brauchst mich deshalb nicht unbedingt um diese Zeit anzurufen!“
„Es ist halt… etwas verzwickt!“
Ich kann mir schon vorstellen, was da oben los ist. Frau Kübler ist eine biologisch abbaubare Mitfünfzigerin: spindeldürr mit bis auf die Pobacken herabwallendem eisgrauem Haar. Dazu trägt sie meistens tiefdecolletierte Gewänder aus organisch-brauner Jute, Gesundheitsschlapfen und verschiedene Klunker aus astrologisch geheimnisvollen Kristallen. Sie ist ziemlich häufig bei uns, obwohl sie eigentlich von der doofen Schulmedizin so gut wie gar nichts hält, was sie uns auch bei jeder Gelegenheit lang und breit erklärt.
„Was soll daran verzwickt sein? Du stellst Ihr einfach einen Kaffee aufs Frühstückstablett und fertig ist!“
„Sie trinkt aber keinen Kaffee!“
„Was trinkt sie denn?“
„Nur Wasser. Aber auch nur dann, wenn sie es vorher selbst energetisiert hat!“
„Wie funktioniert das?“
„Das Wasser kommt zunächst in eine Karaffe mit ein paar Steinen drin…“
„Dann gib ihr halt energetisiertes Wasser, ist mir doch egal!“
Ich kann mir ziemlich lebhaft vorstellen, dass die Dame oben den Schwestern gerade das Leben schwer macht. Aber damit müssen die jetzt erstmal selber fertig werden.
„Und was ist jetzt mit ihrem Kaffee?“
„Wenn sie Kaffee will, gib ihr Kaffee und wenn sie energetisiertes Wasser haben will, dann gib ihr energetisiertes Wasser. Und den Rest klären wir bei der Visite!“
„Wirst schon sehen, dass das nicht so einfach ist!“
Das glaube ich gerne und vor der Visite bei ihr graut mir jetzt schon.
Eine halbe Stunde später sitze ich im kaffeeduftenden Schwesternzimmer beim Frühstück.
„Was habt ihr denn jetzt mit der Frau Kübler gemacht?“
„Das mit dem Kaffee musst Du auf Visite klären!“
„Wo ist das Problem?“
Anna kichert.
„Es ist…. es ist sozusagen Kaffee verkehrt…“
„Wie bitte?“
„Halt… hinten rum!“
„Ich verstehe nicht.“
„Sie macht sich jede Woche einen Einlauf mit Kaffee!“
Mir fällt fast die Tasse aus der Hand.
„Wie bitte?“
„Das ist gut gegen Krebs. Sagt sie. Würde sogar Prince Charles so machen!“
Wie soll das wohl gehen? Mit Milich und Zucker?
Später mache ich mich erstmal schlau. Die Antwort eines renomierten Wissenschaftlers an seine Hoheit ist wirklich lesenswert.