Seit vielen Jahren schon versuchen Forscher die Bedeutung der Gene in der Entstehung von Übergewicht genauer zu definieren. Zwei neue Studien blicken jetzt tief in die Geheimnisse der Übergewichtsgene.
Eine internationale Forschergruppe hat eine wahrlich herkulische Arbeit vollbraucht, um den Übergewichtsgenen neue Geheimnisse zu entlocken. Dafür untersuchten sie beinahe 250‘000 Personen und entdeckten 18 neue Genloci, die mit allgemeinem Übergewicht und 13, die mit der Fettverteilung in Zusammenhang gebracht werden konnten. Damit ist diese Studie die grösste bislang durchgeführte Genstudie am Menschen. Die zwei Publikationen, die beide von der GIANT-Gruppe (Genetic Investigation of ANthropometric Traits) firmiert sind, werden in der Zeitschrift Nature Genetics erscheinen.
„Unterschiedliche Personen haben unterschiedliche Chancen übergewichtig zu werden. Da gibt es diejenigen, die Essen, was sie wollen und sich dabei nicht übermässigen bewegen und trotzdem schlank bleiben, und die anderen, die das Essen nur anzuschauen brauchen und schon nehmen sie zu,“ meint Dr. Joel Hirschhorn, einer der Autoren der Studien. „Teilweise sind diese Unterschiede genetischer Natur. Unser Ziel war es, herauszufinden, wie stark der Einfluss der Gene auf die Entstehung des Übergewichts ist.“
Für die Untersuchung, bei der die Genloci für allgemeines Übergewicht im Fokus standen, suchten die Forscher nach genetischen Determinanten, die mit dem Body Mass Index (BMI) in Zusammenhang gebracht werden können. Dafür kombinierten sie die Daten aus 46 Studien mit beinahe 124‘000 Personen und bestätigten die wichtigsten Resultate an weiteren 126‘000 Personen. Auf diese Weise gelang es ihnen, insgesamt 32 Genloci zu identifizieren, die mit dem BMI assoziiert waren; 18 davon waren bislang unbekannt.
Obwohl der Einfluss jeder einzelnen Genvariante nur gering ausfiel, waren die Personen, die mehr als 38 Genvarianten auf sich trugen, die zu einer Erhöhung des Körpergewichts führen, durchschnittlich 15 bis 20 Pfund schwerer, als diejenigen, die weniger als 22 solcher Varianten aufwiesen. Trotz dieser klaren Assoziation scheinen Genvarianten nicht besonders aussagekräftig zu sein, wenn es darum geht, vorherzusagen, ob jemand übergewichtig wird oder nicht. Umwelt- und andere Faktoren scheinen hier eine entscheidende Rolle zu spielen.
In der zweiten Studie untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen Genvariabilität und Fettverteilung im Körper. Während Bauchfett das Risiko metabolischer Erkrankungen (z.B. Diabetes, Bluthochdruck, etc.) anheben kann, scheint das Fett in den unteren Extremitäten protektiv zu sein.
Für die Untersuchung wurden Daten von 77‘000 Personen aus 32 Studien analysiert. Die Genloci, die in diesen Studien die Fettverteilung beeinflussten, wurden dann gegen Daten aus weiteren 32 Studien mit nochmals 113‘000 Individuen geprüft. Daraus resultierten 14 Genregionen mit einer starken Assoziation zur Fettverteilung; 13 davon waren neue Regionen.
Interessanterweise zeigten einzelne dieser Genvariabilitäten bei Frauen einen stärkeren Effekt, als bei Männern, was die geschlechterspezifische Fettverteilung erklären könnte.