Einige meiner Artikel, zuletzt besonders die kleine Reihe Vernunft in der Medizin – am Beispiel des künstlichen Kniegelenks haben bei Lesern Fragen aufgeworfen, die das Patienten-Arzt-Verhältnis betreffen. Wie kann/soll/darf/muss sich ein Patient in der heutigen Zeit verhalten, wenn er einem Arzt gegenübersitzt? Und was kann/soll/darf/muss/ ein Arzt in dieser Hinsicht akzeptieren und leisten?
Diese Fragen beziehen sich auf die Themen Wissen und Information, Entscheidungshoheit im diagnostischen (untersuchenden) und therapeutischen (behandelnden) Prozess und auf den grundsätzlichen Umgang miteinander – also des Patienten mit seinem behandelnden Arzt und umgekehrt.
Motiv
Ich will zunächst einmal nur für den hausärztlichen Bereich schreiben. Das ist mein Metier, da kenne ich mich aus. Ich bin in den allermeisten Krankheitsfällen viel länger Hausarzt als der Patient, der mir gegenübersitzt, Patient. Ich halte die hausärztliche Versorgung einerseits für extrem wichtig, um eine humane Patientenversorgung zu gewährleisten, andererseits halte ich sie für bedroht. Diese Bedrohung naht von mehreren Seiten und hat im Grunde nicht viel mit Geld zu tun. Das Thema Geld in den Medien lenkt von den wirklichen Problemen häufig ab und ist getragen von Lobbyismus, also von Interessen verschiedener Gruppierungen.
Meine Sorge um das Verhältnis Patient-Hausarzt kann als relativ uneigennützig betrachtet werden, da meine restliche Lebens-Arbeitszeit nicht gravierend betroffen sein wird. Meine Sorge gilt im Wesentlichen den Patienten.
Neue Zeiten
Das Verhältnis Patient-Hausarzt besteht aus drei Variablen, das heißt aus drei veränderbaren Einflussgrößen. Drei Dinge, die sich verändern können und die sich verändert haben. Es ist ganz einfach, die drei Variablen sind: der Patient, der Hausarzt und das Verhältnis beider zueinander.
Der Hausarzt
Manchmal seufzen Patienten gern, dass es den Hausarzt früherer Tage nicht mehr gibt. Ein Hausarzt vom alten Schlag hatte Zeit für seine Patienten, kam zum Hausbesuch und war jederzeit erreichbar, ob Tag oder Nacht oder am Wochenende. Ganz selten war er mal kurz im Urlaub. So war es, kein Zweifel. Der Hausarzt unserer Tage leidet unter Zeitdruck, will Geld verdienen, hat Familie, deren Wachsen er miterleben will, er hat Hobbys und er verreist gern.
Der Patient
Den seufzenden Patienten antworte ich gern ebenfalls mit einem Seufzer. Ich entgegne ihnen mit gespielter Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die ich selbst nicht mehr kennengelernt habe: Der Patienten früherer Tage war anspruchslos, dankbar, treu, fügsam und selten.
Zwei Variablen also, die sich beträchtlich geändert haben. Der Prozess der Veränderung von Patient und Arzt ist zwar nicht abgeschlossen, aber in der Gegenwart angekommen.
Das Verhältnis zueinander
Im Fluss ist vor allem das Verhältnis von Patient und Hausarzt zueinander. Es ist keineswegs im Hier und Jetzt angekommen und noch auf der Suche nach dem richtigen Weg und nach dem Ziel. Diese Suche betrifft vor allem Dinge, die ich oben erwähnt habe, wie Recht und Pflicht auf Information und Mitbestimmung, sowie den richtigen Umgang miteinander.
Facharzt-Hausarzt
Meines Erachtens gibt es bezüglich aller drei Variablen Unterschiede, wenn wir den Beruf des Hausarztes durch den des Facharztes ersetzen. Der Patient ist dann ein anderer, der Facharzt und eben auch beider Verhältnis zueinander. Das werde ich später erklären.
Im nächsten Teil dieser Serie geht es weiter mit der Frage Wer braucht wen?