„Er hat’s gepackt!“
„Wie bitte?“
„Er hat’s gepackt!“ wiederholt Schwester Anna.
„Von wem redest Du?“
„Von Herrn Walser natürlich. Gestern Abend um halb zwölf ist er verstorben!“
„Reanimation?“
„Zum Glück nicht!“
Nach dem letzten unerfreulichen Telefongespräch habe ich mich nicht getraut, eine entsprechende Notiz in die Akte zu schreiben. So hätte er eigentlich offiziell reanimiert werden müssen.
„Die Ehefrau war bei ihm,“ fährt Schwester Anna fort, „Sie hat uns erst Bescheid gesagt, nachdem er eingeschlafen ist.“
„Und dieser Sohn?“
„Der hat sich doch nicht blicken lassen. Die ganze Zeit über nicht.“
Aha. Aber natürlich das Maul aufreißen. Ich verkneife mir einen bissigen Kommentar.
„Was ist mit den Formailitäten?“
„Sarah hat Dienst gehabt. Sie hat die Leichenschau gemacht…“
„Wo ist er jetzt?“
„Station Dreizehn.“
Station Dreizehn ist die inoffizielle Bezeichnung für den gefliesten Raum im Keller, den kein lebender Patient jemals betreten hat.
Da unten riecht es nach Putzmitteln. Der Leichnam liegt, in ein Laken eingeschlagen auf einer Trage. Meine Aufgabe ist es, nach sicheren Todeszeichen zu schauen: Leichenflecken und Leichenstarre. Das kann man frühestens zwei Stunden nach dem Ableben. Wenn ein Patient in der Nacht verstirbt überlässt man diese Aufgabe in der Regel demjenigen Arzt, der den Patienten zu Lebzeiten regelmäßig betreut hat.
Ich schließe den Raum wieder ab, bringe den Schlüssel zum Pförtner zurück und dann fülle ich im Sekretariat den Totenschein aus.