Amerikanische Forscher haben mehr als 15’000 Jugendliche bis ins Erwachsenenalter verfolgt und herausgefunden, dass die Symptome der Hyperaktivität (attention-deficit/hyperactivity disorder [ADHS]) in der Kindheit und Jugendzeit mit einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit im Erwachsenenalter verbunden sind. Ausserdem scheint es so zu sein, dass die Häufigkeit und Intensität der Symptome positiv mit dem Risiko-Grad korreliert.
Die Studie, die von einer Gruppe der Duke University in Durham, North Carolina, durchgeführt wurde, erschien online in der Fachzeitschrift International Journal of Obesity von Ende Oktober.
Dr. Scott Kollins, einer der Mitautoren der Veröffentlichung und Leiter des Duke ADHS Programms, meinte in einer Pressemitteilung, dass ihre Studie die erste sei, die klar aufzeige, dass nicht nur die Diagnose ADHS von Bedeutung sei, sondern auch die Symptome, die dabei auftreten, d.h. die Intensität der Hyperaktivität, der Unaufmerksamkeit und Impulsivität, die mit der ADHS assoziiert sind.
Dr. Bernhard Fuemmeler, Leiter der Studie und Direktor des Pediatric Psychology & Family Health Promotion Lab in the Department of Community and Family Medicine in Duke meinte dazu, dass es ein “Dosiseffekt” sei. Je stärker die Symptomatik der Betroffenen ADHS-Patienten ausgeprägt sei, umso höher ist das Risiko im Erwachsenenalter fettleibig (adipös) zu werden. Konkret konnten die Forscher aufzeigen, dass diejenigen, die sich mit mehr als drei der typischen Symptome der ADHS präsentierten ein signifikant erhöhtes Risiko für Fettleibigkeit (Adipositas) besassen.
Für die Studie untersuchte das Forscherteam 15‘197 Jugendliche, die in der National Longitudinal Study of Adolescent Health (Add Health) zusammengefasst sind. Die Add Health Gruppe ist eine repräsentative Gruppe Amerikanischer Jugendlicher die von 1995 bis 2009, also vom Teenage-Alter bis zum Alter von ca. 25-35, verfolgt und deren Daten über diesen Zeitraum gesammelt wurden.
Für die ADHS-Studie wurden die Add Health Teilnehmer mit einem Fragebogen zu ihren ADHS-Symptomen befragt, die im Alter von 5 bis 12 Jahren bei ihnen aufgetreten waren.
Fuemmeler und seine Mitarbeiter suchten spezifisch nach Korrelationen zwischen den retrospektiv erhobenen ADHS-Symptom Daten während der Kindheit und den physischen Massangaben, die in den Jahren 2007 und 2008 erhoben wurden, also zu einer Zeit, als die Teilnehmer im Durchschnitt zwischen 24 und 32 Jahren alt waren.
Aufgrund dieser Suche konnte das Forscherteam einige Besonderheiten feststellen:
1) Die Anzahl und Intensität der Symptome, die mit Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität beschrieben werden, zeigte eine positive Korrelation mit einer Zunahme beim Bauchumfang, dem Body Mass Index (BMI) und dem Blutdruck (BD) im Erwachsenenaltern.
2) Nachdem alle zusätzlichen Faktoren wie demographische Eigenschaften, körperliche Betätigung, Alkoholkonsum, Nikotinkonsum und depressive Erkrankungen herausgefiltert waren, zeigte es sich, dass diejenigen Teilnehmer, die drei oder mehr ADHS-Symptome in ihrer Kindheit angegeben hatten, das höchste Risiko für Fettleibigkeit im Erwachsenenalter besassen.
3) Unter denjenigen Teilnehmern, die ausschliesslich hyperaktive oder impulsive Symptome in der Kindheit hatten, war die Wahrscheinlichkeit im Erwachsenenalter fettleibig zu werden 63 Prozent.
4) Hyperaktive oder impulsive Symptome waren auch vergesellschaftet mit einer grösseren Gewichtszunahme in der unmittelbaren postpubertären Phase.
Zusammenfassend zeigten die Resultate der Untersuchung, dass das Auftreten einiger ADHS typischen Symptome während der Kindheit, insbesondere Hyperaktivität oder Impulsivität, einen starken Bezug zur Adipositas im Erwachsenenalter hat.
Fuemmeler meinte dazu, dass solche Resultate einen Hinweis darauf liefern können, was ursächlich hinter der Adipositas-Epidemie steckt. „Die Resultate unterstützen die Idee, dass gewisse selbstregulierende Fähigkeiten, wie beispielsweise die Fähigkeit die eigenen Impulse zu kontrollieren, ein wichtiges Merkmal dafür sind, warum sich bei einigen die Adipositas eher entwickelt als bei anderen.“
Dr. Kollins meinte: „Das interessanteste an diesen Resultaten ist, dass sie uns einen Weg weisen, herausfinden zu können, warum Kinder mit ADHS ein höheres Adipositas–Risiko haben. Wir können diese Kinder jetzt früher erkennen und mittels Interventionen präventiv arbeiten.“