Der Ire im Mediziner

Es weihnachtet bereits heftig. Das sieht man daran, dass aller(studi)orten die Fachschaften zur alljährlichen Nikolausparty laden. Vor religiösen Überraschungen muss sich dabei keiner fürchten. Denn anstatt dem heiligen Nikolaus zu huldigen, versammelt man sich wie jedes Jahr, um einen über 50 Jahre alten, mäßig lustigen Film zu gucken – und die in vorweihnachtlicher Stimmung glänzenden Gesichter mit Feuerzangenbowle oder anderen Spirituosen zum Glühen zu bringen. Medizinstudenten sind bei solchen Happenings meistens ganz vorne mit dabei.

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Zum Wohl!

Schließlich muss man ja auch irgendwann mal Dampf ablassen, wenn man schon während der Woche aufgrund des strengen Lehrplans wie ein Asket leben muss. Zwar artet der Wunsch nach Druckentlastung bei einigen dann in eine nachtestatliche Druckbetankung aus. Aber ist das nicht eine lässliche Sünde angesichts der vielen guten Dinge, die man dereinst als Arzt verrichten wird?

Doch gegen genau diese Disziplin der Alkoholzufuhr haben französische Wissenschaftler nun leider klare Einwände. In einer aktuellen Studie im British Medical Journal berichten die Forscher von einer Untersuchung, in der sie dem Rätsel auf die Spur kommen wollten, warum jenseits des Ärmelkanals in Nordirland die Menschen etwa doppelt so häufig einen Herzinfarkt erleiden als im heimischen Frankreich. Zunächst boten sich die unterschiedlichen Trinkgewohnheiten als Erklärung nicht wirklich an. Denn die Forscher fanden heraus, dass Franzosen mit durchschnittlich 32,8 g Alkohol pro Tag sogar deutlich mehr „Sprit“ zu sich nehmen, als der Durchschnitts-Nordire mit 22,1 g. In Frankreich gaben zweidrittel der Befragten zu, täglich Alkoholika zu konsumieren. Hingegen bejahten das nur etwa 12 Prozent der Nordiren. Demnach lebten die Iren doch gesünder, oder?
Nicht ganz, denn auf genaue Nachfrage hin, gestand fast jeder zehnte Nordire ein, so genannter Binge-Trinker („Komasäufer“) zu sein. Die Geständigen tranken nicht jeden Tag, aber wenn, dann richtig. Sie machten bei der magischen Grenze von 50 g Alkohol (etwa 5 kleine Biere) nicht halt, sondern ließen sich höchstens durch motorische Hürden, die im Laufe des Gelages zunahmen, vom Trinken abhalten. So ein Trinkverhalten fanden die Forscher bei noch nicht mal einem Prozent der Franzosen. Dem alten Klischee treu bleibend, trinken die Gallier zwar täglich zu jeder Mahlzeit – aber immer nur in Maßen. Dieser feine Unterschied im Trinkverhalten erklärte in einer Multivariant-Analyse dann auch nahezu vollständig die deutlich höhere Zahl an kardialen Ereignissen jenseits des Ärmelkanals.

So gesehen sei dem Mediziner geraten, es eher dem Franzosen gleich zu tun. Wenn es denn überhaupt sein muss, sollte er lieber ein Glas Rotwein am Ende eines langen Lerntages genießen, als in nordirischer Tradition nach dem Testat die „Festplatte“ für den kommenden Lernstoff mit Alkoholischem formatieren zu wollen.

Zum Wohl und eine schöne Nikolausparty wünscht euch

Euer Jesper

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