Dr. Pillepalle (Teil 2)

Dr. Schübler gießt sich die dritte Tasse Kaffee ein.
„Weißt Du, als Honorararzt wirste halt wenigstens anständig bezahlt. Ich sag immer: als Honorararzt kriegste das, was Du wirklich wert bist!“
Kalle verdreht die Augen.
„Wie lange machen Sie das denn schon?“ frage ich.
Ich versuche schon seit einiger Zeit vergeblich, sein Alter zu abzuschätzen: Graues Haar, Brille und Schnauzbart. Mit Sicherheit ist er älter als Kalle, wahrscheinlich sogar älter als unser Oberarzt und fast so alt wie der Chef. Er trinkt die Tasse in einem Zug leer und stopft sich ein Wurstbrötchen in den Mund.
„Weißt Du, ich hab ja schon ziemlich viel mitgemacht…“
Er kaut weiter.
„…Akutkrankenhaus, Ausland, Bundeswehr…“
Er kaut und schluckt.
„…dann die eigene Praxis. Hab ich ‘ne Weile durchgezogen bis es mir keinen Spaß mehr gemacht hat. Die ganze Bürokratie, da kriegste ja zuviel. Da wirste ja blöd, wenn Du das ernst nimmst!“
„Und Sie haben das also nicht ernst genommen, ja?“ fragt Kalle.
Der neue Kollege überhört den sarkastischen Unterton.
„Nee, letztes Jahr hab’ ich dann Schluss gemacht. Hab die Praxis verkauft und Glück gehabt, hab sogar noch einen ganz guten Schnitt dabei machen können. Aber mit meinem Nachfolger möchte ich trotzdem nicht tauschen!“
„Warum?“
„Na, all die Verantwortung…“
Kalle steht auf.
„Und die haben Sie hier nicht, ja?“
Der Neue macht eine ausladende Handbewegung.
„Ach weißt Du, das hier ist doch alles völlig pillepalle,“ sagt er, „Da machst Du halt so’n bisschen den Stationsaffen und so…“
Kalle räuspert sich.
„Also gut, Herr Stationsaf…“ er korrigiert sich, „…ich meine natürlich, Herr Kollege, dann gehen Sie jetzt bitte mal auf Zimmer siebzehn, legen eine Viggo und hängen die Blutkonserve an, Okay?“
Dann wirft Kalle mir einen Blick zu, der Bände spricht.

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