Mein Beitrag über die Migrationskette hat eine interessante Diskussion in Gang gebracht.
Fassen wir zusammen:
- Kalle sagt, es sei unethisch, wenn ein Arzt sein Land verlässt, in dem er gebraucht wird um anderswo mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Lebensqualität zu finden.
- Patrick sieht das anders. Er fühlt sich nicht für die Misere des deutschen Gesundheitswesens verantwortlich. Er ist mit seiner Familie nach Schweden ausgewandert, weil er dort mehr Lebensqualität, bessere Arbeitsbedingungen und (vielleicht auch) mehr Geld gefunden hat.
Wer hat nun Recht?
Ist Patrick ein skrupelloser Vaterlandsverräter, der nur seinen eigenen Vorteil sucht? Oder ist Kalle ein weltfremder Idealist, der verzweifelt versucht, etwas zu retten, wo es nichts mehr zu retten gibt?
Ein wenig erinnert mich die Diskussion an das, was im Sommer 1998 in der damaligen DDR ablief (nein, war nicht dabei!). Wir erinnern uns:
Jener Staat lag in seinen letzten Zügen. Tausende, Zehntausende von Menschen sind in den Westen abgehauen: anfangs über Ungarn und Österreich, später über die westdeutsche Botschaft in Prag. Die Leute haben mit den Füßen abgestimmt. Sie sind gegangen sind, weil sie der Ansicht waren dass in der DDR nichts mehr zu reformieren gab.
Das Ergebnis ist bekannt.
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung aber ist bekanntlich dort geblieben. Die meisten sicher aus Bequemlichkeit. Einige aber haben sich ganz bewusst gegen die Emigration in den Westen entschieden, weil sie hofften, dort etwas Neues aufbauen zu können, vielleicht so etwas wie eine „Richtig demokratische Republik Ostdeutschland“ aufzubauen.
Was wäre, wenn sie sich durchgesetzt hätten?
Wieviel Idealismus braucht ein Arzt? Und wieviel Realitätssinn?
Ist das deutsche Gesundheitssystem wirklich so marode wie die DDR vor einundzwanzig Jahren?