Ich will ein Antibiotikum!

„Ich will ein Antibiotikum!“ – Das ist ein Satz, den wir gelegentlich in der Apotheke zu hören kriegen. Die Antwort darauf ist normalerweise: „Dafür brauchen Sie ein Rezept, da müssen Sie zuerst zum Arzt gehen.“
Damit stossen wir vor allem bei Ausländern teilweise auf krasses Unverständnis. Vor allem bei denen, die in ihren Ländern Antibiotika ohne Rezept bekommen.

Dass das bei uns halt nicht  so ist, hat verschiedene Gründe:
– damit das Antibiotikum wirkt, muss es das richtige AB sein. Je nach Erreger muss man andere nehmen. Deshalb ist optimalerweise ein Erregernachweis nötig, das geht nur beim Arzt / im Spital.
– Selbst wenn man schon einmal ein AB gehabt hat und jetzt wieder das gleiche will: Sind Sie sicher, dass es auch wieder das gleiche Bakterium ist? Und wenn es wirklich das gleiche ist: bedeutet das nicht, dass ein anderes AB genommen werden muss, weil das erste offensichtlich nicht alle Bakterien gekillt hat, so dass die Infektion zurückgekommen ist? Auch das gehört zum Arzt.
– Mit AB die nicht lange genug, unregelmässig oder nicht in genug hoher Dosierung genommen werden züchten wir bei der Anwendung AB-resistente Bakterien. Das heisst, dass es wichtig ist, die AB richtig zu nehmen, damit sie auch in Zukunft wirken. Und bei freiverkäuflichen Medikamenten nehmen es die Patienten noch eher falsch ein.

Viele Kunden wünschen auch AB gegen Dinge wie Nasennebenhöhlenentzündung oder Schnupfen. Diese werden aber im Normalfall von Viren verursacht, da nützen AB rein gar nichts! Die Ärzte geben auf Wunsch oft trotzdem eines ab – gegen besseres Wissen sozusagen, denn wie gesagt, gegen Vireninfektionen könnte man genausogut einen Fruchtsirup geben. Im Prinzip ist das dann eine Placebo-Gabe – nur halt mit Nebenwirkungen.

 

Ich hatte letzthin eine ältere Kundin (ursprünglich aus Italien), die wollte unbedingt Penicillin gegen ihre Augenentzündung. Dass Sie eine Augenentzündung hatte, war deutlich, das Auge war reichlich verklebt. Da reichen unsere rezeptfreien Augentropfen nicht aus. Aber Penicillin zum Einnehmen sah ich nicht als angezeigt an. Ausserdem ist die Indikation bei Penicillin wie folgt:

Leichtere Infektionen durch grampositive penicillinempfindliche Bakterien, insbesondere Angina, Bronchopneumonie, Bronchitis, Tonsillitis, Sinusitis, Otitis media, Erysipel, Impetigo, Pyodermie.

Also nichts von Augeninfektionen. Es war Samstagnachmittag (natürlich) und die Kundin ist ganz schlecht zu Fuss. Ich bot Ihr deshalb an, ihr Augentropfen mit Antibiotikum abzugeben, sie müsste dann nur am Montag zum Augenarzt gehen, damit der das Auge ansieht und ein Rezept ausschreibt. Ausserdem kann damit wesentlich weniger schief gehen, weil das AB lokal wirkt.

Sie wollte nicht. Sie wollte etwas zum Einnehmen.

(Seufz)

Tagged: Antibiotikum, Apotheke, Kunde

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