Wir haben einander nie gesehen. Und doch sind wir uns begegnet, haben kommuniziert: über Kommentare in unseren Blogs und ab und zu auch per Email.
Vor meinem inneren Auge entstand das Bild von einer attraktiven jungen Frau – vielleicht Anfang-Mitte dreißig, vielleicht älter, vielleicht auch jünger. Blond oder brünett? Blaue oder braune Augen? Ich weiß es nicht. Vielleicht war sie zu dieser Zeit auch längst von ihrer Krankheit gezeichnet.
Wären wir uns im echten Leben über den Weg gelaufen… hätten wir uns unterhalten? Vielleicht sogar ein wenig geflirtet? Uns gar mal auf einen Kaffee getroffen?
So aber kenne ich nicht viel mehr von ihr als ihren Blog.
„Premiumpatientin“ war witzig, geistreich, humorvoll. Sie schrieb über ihr Leben und vor allem über ihre Erfahrungen mit Ärzten und Krankenhäusern, die schwere Krankheit jedoch pflegte sie stets mit einem unaussprechlichen Ausdruck zu bezeichnen.
Vor ein paar Monaten, an einem dunklen und klirrend kalten Winterabend haben wir zum letzten Mal gemailt. Sie klang traurig. Vielleicht verzweifelt. Aber nicht hoffnungslos.
Es folgte noch – ganz sporadisch – der eine oder andere Blogeintrag.
Dann langes, langes Schweigen.
Am 7. November ist „Premiumpatientin“ gestorben.
Gestern habe ich es erfahren. Heute sitze ich in einer kleinen Pizzeria, schaue hinaus in den Dauerregen und die Pfützen auf dem Kopfsteinpflastermarktplatz und erhebe schweigend mein Glas.
Premiumpatientin, leb wohl! Wo immer auch Du jetzt bist.
Ich weiß nicht, ob ich über ihre letzte Mail berichten darf. Ich tu es dennoch, weil ich denke, dass es in ihrem Sinne wäre:
Sie deutete an, dass eine Organtransplantation ihr vielleicht das Leben retten könnte.