Am 3. November war Weltmännertag – Anlass für DAH-Medizinreferent Armin Schafberger, sich einige Gedanken zum Thema Männergesundheit und HIV zu machen:
Was ist mit den Männern los? Sie rauchen und trinken mehr als Frauen, gehen seltener zu Früherkennungsuntersuchungen, leben riskanter und sterben im Durchschnitt sechs Jahre früher.
Dabei ist der Begriff der Vorsorge dem Mann als solchem nicht fremd. Jedenfalls nicht, wenn es um wichtige technische Dinge wie zum Beispiel Autos geht. Die meisten Autofahrer bringen ihr Gefährt regelmäßig zur Wartung oder zumindest dann in die Werkstatt, wenn es stottert. Ihrem Körper gegenüber jedoch verhalten sie sich nachlässiger oder nehmen Warnsymptome nicht bewusst wahr. Von Symptomen berichten sie nur dann, wenn sie mit ihrem eigenen Selbstbild übereinstimmen.
„Männer fühlen sich gut bis zum bitteren Ende“, resümiert Dr. Joanna Beata Korda vom Institut für Männergesundheit des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Sie ist am Vorabend des Weltmännertags nach Berlin gereist, um mit den Berliner HIV-Ärzten über „Muskeln, Machos und Midlife-Crisis“ zu diskutieren. Themen auch hier: Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht und Bluthochdruck – sie schädigen die Gefäße und erhöhen das Risiko für einen Herzinfarkt. Doch bei HIV-positiven Männern kommt noch ein weiterer Risikofaktor dazu: die HIV-Infektion. Denn sie führt neben der Immunschwäche auch zu einer Überstimulation des Immunsystems und einer Erhöhung der Entzündungszeichen. Und die chronische Entzündung schädigt die Wände der Arterien.
„Männer fühlen sich gut bis zum bitteren Ende“
Aber wie bekommt man Männer dazu, auf ihre Gesundheit zu achten? Worauf muss man reagieren, damit nicht irgendwann das Herz streikt? Beim Auto ist es leicht: Spätestens wenn die Einspritzpumpe stottert, sollte man zum Boxenstopp. Beim Mann streikt oft erst sein „bestes Stück“. Wenn die Gefäße geschädigt sind, leiden nämlich zuerst die Arterien mit kleinem Durchmesser, und der Durchmesser der Penisarterien ist mit 1 mm deutlich geringer als die 2–3 mm starken Herzkranzgefäße. Und so geht dem Herzinfarkt denn auch in einem Abstand von zweibis drei Jahren oft eine sog. erektile Dysfunktion voraus. Damit bezeichnet man die verminderte Fähigkeit, eine Erektion zu bekommen oder auch zu halten, das heißt, sie kann bei Störungen oder einem Stellungswechsel zusammenfallen.
Diese Warnzeichen werden oft ignoriert – oder man hilft mit den „blauen Pillen“ nach, ohne vorher den Zustand der Gefäße zu überprüfen. „Ein Mann mit erektiler Dysfunktion ist bis zum Beweis des Gegenteils ein Herzpatient“, sagt Korda. Das heißt allerdings nicht, dass hinter jeder erektilen Dysfunktion ein Gefäßschaden steckt. Der Mann hat schließlich auch noch eine Psyche, und die schlägt dem Wunsch nach einer Erektion das eine oder andere Mal auch ein Schnippchen.
Doch was heißt das jetzt für HIV-Positive? Sie leiden anscheinend häufiger als HIV-negative Männer unter erektiler Dysfunktion. Während Potenzprobleme bei ca. 20 % der HIV-negativen Männer auftreten, sind es bei HIV-positiven Männer rund 50 % – hier stellt nicht selten auch die Angst vor einer HIV-Übertragung beim Sex einen zusätzlichen Stressfaktor dar. Unbestritten ist aber inzwischen das etwas höhere Risiko für einen Herzinfarkt. Allerdings haben HIV-positive Männer, die in Schwerpunktpraxen behandelt werden, gegenüber den HIV-negativen auch einen Vorteil: mit der vierteljährlichen Überprüfung des Therapieerfolgs haben sie auch einen regelmäßigen „Boxenstopp“, und die Leitlinien für die HIV-Therapie enthalten immer mehr Früherkennungs- und Kontrolluntersuchungen. Diese Männer müssten also diejenigen mit der regelmäßigsten „Wartung“ sein. Bluthochdruck oder Diabetes mellitus sollten unter solchen Bedingungen nicht lange unerkannt und ohne Therapie bleiben – ein großer Pluspunkt in der Männergesundheit.