In der Reihe “Vernunft in der Medizin” erscheint mit dem Thema der Unterzuckerung bereits die zweite Artikelserie. Lesen Sie auch die erste Serie in sechs Teilen “Vernunft in der Medizin – am Beispiel des künstlichen Kniegelenks”
Teil I Die Hypoglykämie
Im Falle einer Unterzuckerung, Hypoglykämie, sackt die Konzentration des Blutzuckers unter ein Mindestmaß. Die Zellen und somit der Organismus, erleiden einen akuten Energiemangel. Im Falle der Hypoglykämie folgt unkoordiniertes Verhalten oder Denken des Betroffenen bis hin zum Kollaps. Durch Zufuhr von Zucker ist diese Situation beherrschbar. Für medizinische Laien ist der Zustand der Betroffen meist sehr beeindruckend, nicht selten empfinden Umstehende das Geschehen als tödlichen Zusammenbruch.
Veränderung in der Bedeutung
Früher standen, medizinisch gesehen, eher die indirekten Folgen der Unterzuckerung im Vordergrund, zum Beispiel die Schädelprellung durch den Sturz oder der Kontrollverlust als Fahrer eines Autos. In den letzten Jahren kommt dem hypoglykämischen Zustand ein immer höherer eigener Krankheitswert zu, hier vor allem im Falle des Typ-II-Diabetikers („Altersdiabetes“).
Dass ausgerechnet Zuckerkranke, die ja unter einem zu hohen Zuckergehalt des Blutes leiden, Unterzuckerungen erleben, ist der Labilität ihres Zuckerstoffwechsel zuzuschreiben. Der Blutzuckergehalt kann in die eine wie in die andere Richtung entgleisen. Neben der Ernährung und Bewegung beeinflussen blutzuckersenkende Medikamente die sensible Stoffwechselsituation. Werden sie zu niedrig dosiert, steigt der Blutzuckergehalt über die erlaubte Grenze, werden sie zu hoch dosiert, entgleist die Zuckerkonzentration in die andere Richtung – die Hypoglykämie.
Kranke stärker gefährdet als Gesunde
Vor allem bei bereits vorgeschädigten Hirn- oder Herzmuskelzellen kann ein hypoglykämischer Schock fatale Folgen haben. Die entsprechenden Gewebezellen werden zusätzlich geschädigt. Dies ist der Grund, warum sich heutzutage eine gute Zuckereinstellung nicht mehr nur an den normalen Blutzuckerwerten, sondern vor allem an der Zahl der Hypoglykämien misst. Das leuchtet ein, denn jemand der ohnehin krank ist, kann Stress in Form von Fehlregulationen des Stoffwechsels sicher schlechter vertragen als ein Gesunder. Dazu kommt, dass Durchblutungsstörungen, gerade von Herz und Hirn, eine der vielen Komplikationen einer langjährigen Zuckerkrankheit sind.
Im nächsten Teil dieser kleinen Serie geht es weiter mit einem konkreten Fall.