Last Christmas oder: kleine Weihnachtshorrorshow

Die kleine Zeiger der Wanduhr steht kurz vor der zwei. Marvin und ich sitzen im Dienstzimmerkabuff der Notaufnahme und blättern gelangweilt in dem Stapel der herumliegenden Illustrierten. In der Ecke steht ein billiges Radio, das dudelt mit gedämpfter Lautstärke so vor sich hin.
„Hätte nichts dagegen, wenn es so bleiben würde!“ sagt Marvin.
Bislang ist es ruhig geblieben. Eine hypertensive Krise aus dem Altenheim, ein bronchopulmonaler Infekt und dann ein paar Kleinigkeiten in der Ambulanz.
„Kein Sturz auf Glatteis? Das wundert mich!“
Marvin schüttelt den Kopf.
„Nicht bei dem Wetter!“
„Bei dem Wetter? Warum nicht?“
Ich werfe einen Blick durch das Fenster. Im Licht der Straßenlaternen liegt da eine richtig romantisch überzuckerte weiße Weihnachtswinterwunderlandschaft. Auch die Straßen sind überzuckert und es schneit immer noch in dicken Flocken.
„Ich hätte jetzt mit dem einen oder anderen Verkehrsunfall gerechnet…“
„Nee, die kommen erst morgens. Um diese Zeit traut sich noch keiner auf die Straße!“
Wollen wir es hoffen.
Vielleicht setzen die Einwohner unseres kleinen Städtchens ja heute Nacht doch lieber erstmal ihre Synapsen unter Strom bevor sie dich zu irgendwelchen Expeditionen entscheiden.
„Ich mach mal frischen Kaffee!“ sagt Marvin.
Er steht auf.
„Sollen wir mal nachschauen, ob es irgendwas Interessantes in der Glotze gibt?“ frage ich.
Marvin wirft einen kritischen Blick auf den kleinen Röhrenfernseher und zuckt die Schultern.
„Ich hätte eine DVD dabei!“ sagt er.
Äh?
Dann muss ich grinsen.
„So eine wie letztes Jahr?“ frage ich.
Marvin wird rot.
„Ja, so eine Ähnliche!“
„Dann lieber nicht!“
Und dann müssen wir beide plötzlich losprusten.
Wir heben unsere Kaffeetassen und stoßen an.
„Auf letztes Jahr!“ sagt Marvin.

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