Die Hartz-IV-Reform muss jetzt nur noch den Bundesrat passieren, dann wäre sie „durch“. Doch was die Bundesregierung am 3. Dezember beschloss, würde bedeuten, dass Erwachsene künftig einen nur um 5 € erhöhten Regelsatz erhalten und die Regelsätze für Kinder gleich bleiben. Und erwachsene Behinderte, die bei ihren Eltern oder in Wohngemeinschaften leben, müssten künftig mit 291 € im Monat auskommen – das sind 73 € weniger als der Regelsatz. Diese Regelung ist völlig unverständlich und nur mit Willkür zu erklären. Dass sie ausgerechnet am „Welttag der Menschen mit Behinderung“ beschlossen wurde, fügt dem Ganzen einen gehörigen Schuss Ironie hinzu.
Die Sozialverbände haben zu Recht mit Protest reagiert. So bezeichnete der Paritätische Wohlfahrtsverband die Verabschiedung der Reform als „Affront gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“ und forderte den Bundesrat auf, die Zustimmung zu dem Gesetzpaket zu verweigern.
Die Deutsche AIDS-Hilfe schließt sich den Protesten der Sozialverbände an, denn das Gesetz geht an der Lebensrealität völlig vorbei. Wenn der Bundesrat das Reformpaket am 17. Dezember nicht stoppt, können wir Betroffene bei Klagen gegen das Gesetz nur unterstützen.
Die Alltagswirklichkeiten sehen anders aus
Not tut aber nicht nur eine realistische Berechnung der Regelsätze. Auch die sogenannten Einmalleistungen für größere Anschaffungen wie z. B. Waschmaschine, Kühlschrank, Fahrrad oder Brille müssten dringend wieder eingeführt werden. Der Regelsatz ist nämlich viel zu niedrig, um darauf sparen zu können. Gerade chronisch Kranke, und damit auch viele Menschen mit HIV und Aids, haben außerdem höhere Gesundheitsausgaben. So fallen beispielsweise Kosten für Fahrten zum oft weit entfernten HIV-Schwerpunktarzt an. Hinzu kommen bei krankheitsbedingt eingeschränkter Mobilität Mehrkosten für Lebensmittel, weil der Weg zu preiswerten Discountern zu weit ist und daher die nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit genutzt werden muss.
Man kann nun mal nicht alles im Leben pauschalieren – die Alltagswirklichkeiten sehen anders aus. Nicht realistisch ist daher auch die Vorgabe, dass sich der Bezug von staatlichen Leistungen auf einen kurzen Zeitraum erstrecken soll. Für Menschen, die aus gesundheitlichen oder arbeitsmarktbedingten Gründen für längere Zeit nicht selbst ihren Lebensunterhalt erwirtschaften können, ist ein Regelsatz zu schaffen, der auch längerfristig ein menschenwürdiges Leben und Teilhabe ermöglicht.
Silke Eggers
Siehe auch die Pressemeldungen des Paritätischen (http://www.der-paritaetische.de/22/?tx_ttnews[tt_news]=4164&cHash=60cef4958d ) und des Sozialverbands VdK Deutschland (http://www.vdk.de/cgi-bin/cms.cgi?ID=de24622)
Das war doch zu erwarten, denn solange es einen unausgesprochen Fraktionszwang gibt, traut sich doch keiner aus der Koalition gegen ihre Leute zu sein