„Rauchen Sie?“ „Leiden Sie unter Bluthochdruck?“ „Nutzen Sie Facebook?“
Wenn man den besorgniserregenden Studien über Gesundheitsfolgen sozialer Netzwerke Glauben schenken darf, dann sollte vielleicht in Zukunft jeder Arzt in der Anamneseerhebung auch nach den Konsumgewohnheiten von Facebook, Twitter und Co. fragen. Denn es gibt kaum etwas, das den virtuellen Plattformen nicht vorgeworfen wird. Angeblich machen sie süchtig, schaden dem Schulerfolg und treiben die Nutzer in die Isolation. Durch die vermehrte Einsamkeit soll sogar das Risiko für Demenz, Herzkrankheiten und Diabetes steigen.
Ein renommiertes medizinisches Journal hat nun zu allem Überfluss die Fallbeschreibung eines 18-jährigen Jungen veröffentlicht, dessen Asthmasymptomatik sich deutlich verschlechterte, sobald er die Facebook-Seite aufrief.
Auf Rat eines Arztes veranlasste die besorgte Mutter daraufhin ihren Sohn, dessen Atemvolumen vor und nach dem Besuch der Seite zu messen. Tatsächlich verringerten sich die Peak-Flow-Werte des Patienten nach dem Login um mehr als 20%. Die Autoren berichten übrigens auch, dass der junge Mann auf der Internetplattform unter falschem Account seiner Ex-Freundin nachspionierte, die sich jüngst von ihm getrennt und ihn in depressivem Zustand zurückgelassen hatte. Aber das ist natürlich nebensächlich. Ebenso wie die Information, dass psychischer Stress ein bereits bekannter Trigger für Asthmaanfälle ist. Viel wichtiger ist doch: Es geschah, während der Junge auf Facebook surfte.
Mal im Ernst: Wofür sollen die sozialen Netzwerke denn noch verantwortlich sein? Auch vor Facebook, StudiVZ und MySpace gab es einsame Menschen, abgelenkte Schulkinder und sogar unglücklich verliebte Atopiker, die ihre Verflossene vielleicht nicht im Internet, aber in der nächsten Kneipe entdeckten.
Meiner Meinung nach werden Probleme durch solche Modeerscheinungen nicht neu erfunden, sondern nur verlagert.
Natürlich ist es wichtig, dass man Auswirkungen neuer Konsumgewohnheiten untersucht und dabei Probleme benennt. Aber dies sollte doch bitte nicht in genereller Panikmacherei enden.
Andererseits würde mich natürlich schon interessieren, welche psychischen Auswirkungen wohl das zwanghafte Gemüseernten auf virtuellen Farmen hat. Oder ob man vom übermäßigen „Twittern“ einen Vogel bekommt. Aber das können wir bestimmt bald alle aus der Zeitung oder sogar aus einem Paper erfahren – oder eben bei Facebook lesen.
Apropos, habe ich eigentlich schon meine Karotten bei Farmville geerntet?
Martin