„Jungs, gleich müssen wir drücken!“

Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich eine Reanimation, die man so nicht alle Tage erlebt. Zumindest denke ich das…

Aber von Anfang an: Gegen 06 Uhr morgens wurden wir mit unserem RTW und dem NEF zu einem älteren Herren gerufen, das Alarmstichwort für uns lautete „Atemnot“. Nachdem schon die Suche der Adresse eine kleine Odyssee war, das Haus lag ca. 100m zurückstehend, durch einen kleinen Versorgungsweg zu erreichen, trafen wir dann auch endlich mit dem NEF zusammen ein.

Schon an der Wohnungstür hörte man quasi den rasselnden Atem unseres Patienten. Die Verdachtsdiagnose brauchte nicht lange: Lungenödem. Allerdings ganz und gar nicht akut aufgetreten, sondern schon die letzten drei Tage.

Der ältere Herr bekam also schon seit ca. drei Tagen schlecht Luft, machte bei jedem Atemzug so ein Rasseln und heute wäre es wirklich ganz schlimm, so erzählte uns seine Ehefrau. Der Mann sah wirklich nicht rosig aus, schon ganz kalte Extremitäten und blau im Gesicht.

Nach dem ersten Eindruck sprach dann der Doc auch das aus, was wir alle uns schon dachten. „Macht schon mal alles für eine Reanimation bereit, ich habe das Gefühl, das dauert nicht mehr so lange.“ Diese Erkenntnis klingt jetzt hart, ist aber das, was Realität war. Also räumte der Kollege schon mal den Fussboden frei, während der Arzt mit meiner Hilfe das Monitoring anschloss, Sauerstoff verabreichte und einen Zugang legte.

Während der Arzt weiter eine kleine Anamnese nach weiteren Vorerkrankungen führte, wurde unser Patient vor unseren Augen auf einmal bewusstlos, kippte zur Seite und wurde daraufhin pulslos. Asystolie!

Zum Glück waren wir darauf schon vorbereitet und so zogen wir unseren Patienten auf die vorbereitete Decke und begannen unverzüglich mit der Reanimation. Der Patient hatte quasi eine, zumindest für die Notfallmedizin, perfekte Ausgangslage erwischt: Beginn der Wiederbelebungsmassnahmen innerhalb von Sekunden, Medikamentengabe über den liegenden Zugang, Intubation in kürzester Zeit.

Die Reanimation begannen wir also unverzüglich, konnten den Patienten ebenso in wenigen Minuten einwandfrei intubieren und gaben die Standard-Medikamente einer Reanimation. Wir drückten, beatmeten, drückten und kämpften. Währenddessen klärten wir auch schon ein Intensivbett ab, weil wir uns die Option offen halten wollten unter Reanimationsbedingungen ins Krankenhaus zu fahren. Ausserdem wollten wir einfach den Kampf nicht aufgeben und resignieren.

Nach anderthalb Stunden harter Wiederbelebungsversuche waren nicht nur unsere Notfallkoffer geplündert, unser Defi halb leer, sondern auch wir soweit, dass wir einsehen mussten, diesen Kampf verloren zu haben. Also brachen wir die Reanimation erfolglos ab und der Arzt erklärte den Patienten für tot.

Wir hatten ideale Anfangsbedingungen, doch das alles hatte nichts genützt. Aber wir hatten es versucht…

Stillschweigen fuhren wir, nach dem Aufräumen dann zurück zur Wache und übergaben ein komplett leeres Auto unserer Folgeschicht. Die Kollegen sahen es uns nach, das wir jetzt einfach nur Feierabend haben wollten. Es ist einfach schon was anderes, ob man jetzt zu einer Person kommt, die schon wiederbelebt werden muss oder ob das vor den eigenen Augen passiert, während man wenige Sekunden vorher den Patienten quasi noch vor sich sitzen hat.

Zusammen mit dem Kollegen und dem Team vom NEF haben wir dann nachher noch auf der Wache bei einem Kaffee den Einsatz durchgesprochen und uns die Seele frei gesprochen.

Manchmal nützt es alles nichts.

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