Meine Begegnung mit Valium

Natürlich „begegne“ ich Valium täglich in der Apotheke – wie viele andere Medikamente auch. Aber: die meisten davon habe ich (noch) nicht versucht -und bin froh, wenn ich es nicht muss: Medikamente sind keine Genussmittel, sondern da für einen Zweck – und keiner der Ahnung hat von Pharmakologie kommt auf die Idee, einfach mal etwas aus reinem Spass zu schlucken. … Digoxin irgendwer? Klar, man hat Kopfschmerzen oder Durchfall, oder … so das normale halt. Aber von den rezeptpflichtigen Sachen lasse ich eigentlich die Finger.

Nach einem furchtbaren Flug in die Ferien vor vielen Jahren aber, wollte ich doch mal wissen, ob ich den Rückflug nicht besser „gedopt“, also am besten tief schlafend überstehe.
Also fragte ich in der Thailändischen Apotheke nach einem Schlafmittel, genauer gesagt spezifisch Zolpidem. Zolpidem bekam ich nicht -weil in Thailand auch rezeptpflichtig- dafür boten sie mir als Alternative ein Benzodiazepin an. Ich habe dann darauf verzichtet, weil ich nämlich schon ein Benzodiazepin dabei hatte, nämlich 1 Tablette Valium 2mg. Die Tablette stammt aus den Medikamentenretouren der Apotheke und lag schon seit Jahren unbeachtet in den Tiefen meiner (zugegeben sehr kompletten) Reiseapotheke.

Die nahm ich dann auf dem Rückflug. Es war ein Nachtflug und kurz vor dem Nachtessen warf ich die Hälfte ein.

Valium ist nicht ein Schlafmittel, es ist ein ziemlich starkes Beruhigungsmittel. Der Effekt – den ich mit klinischem Interesse an mir beobachten konnte, ist, dass es eine gewisse Distanziertheit bringt – zwischen sich und was immer einen beunruhigt. Man könnte es auch mit „mir ist alles scheissegal“ bezeichnen.
Mit diesem Neben-mir-stehen Gefühl war ich trotz gelegentlichen Turbulenzen ruhig genug, dass ich dachte, ich könnte etwas schlafen. Am Rande bekam ich jedoch noch das kleine Drame aum mich herum mit:

Die Lichter sind gelöscht worden, alles bereitete sich darauf vor zu schlafen … bis auf die Frau und ihr Kollege, die sich den Platz im Gang bei uns (in der Nähe der Toiletten) ausgesucht hatten ihr lautes und ausdauerndes Schwätzchen zu halten. Mein Kuschelbär versuchte auch zu schlafen, aber mit dem Gequatsche direkt nebendran war das unmöglich. Das hat er ihr dann auch gesagt – ohne Effekt. Es ging gleich weiter wie zuvor. Da wurde er ärgerlich – und auch laut und forderte sie nochmals auf, endlich Ruhe zu geben – immerhin war Schlafenszeit! Zustimmendes Gemurmel um uns herum. Sagt mein Mann: „Und meine Frau, die will auch schlafen! (und zu mir) Nicht wahr?“ Und ich – in meinem Medikamenten-stupor: (in gelangweiltem Ton) „Ja, ja, ist schon gut.“
Wie gesagt: mir war alles wurst.
Nicht gerade die Unterstützung, die man von seinem Partner erwarten kann, oder?

So im Nachhinein fand ich das dann nicht gerade toll – und habe seitdem auch keine von den Dingern mehr genommen. Ich verstehe aber seitdem schon, warum das manchen sehr helfen kann in enorm belastenden Situationen … nur muss man aufpassen, dass man nicht von dieser „Stütze“ abhängig wird. Probleme lösen diese Tabletten nämlich nicht, sie schieben sie einfach von einem weg.

Tagged: Diazepam, Familie, Reisen

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