„So, dann erzählen Sie mal, Frau Wirges!“ sage ich.
Dann lehne ich mich zurück, trinke einen Schluck Krankenhauskaffeeplörre und klemme mir den Telefonhörer mit der Schulter ans Ohr, während ich am Stationscomputer irgendeine halbwegs interessante und nicht unbedingt medizinische Webseite aufschlage. Frau Wirges hat eine gewisse Ausdauer, was das Erzählen angeht.
„Also Herr Doktor, die Sache war ja gut gemeint…“
„Aber?“
„Ja, Sie hatten ja noch vom Krankenhaus aus den Antrag gestellt, Sie wissen schon, für dieses Gerät zur Messung der Blutgerinnung…“
„Richtig. Weil Sie so schlechte Venen haben. Und, haben Sie das Gerät inzwischen bekommen?“
Aus dem Telefon klingt ein hohles Lachen.
„Eine Woche nach meiner Entlassung bekam ich Post. Von der Krankenkasse.“
„Sie meinen den Bescheid, dass das Ding genehmigt wird?“
„Moment. Das Schreiben war lediglich eine Mitteilung darüber, dass der Antrag bei ihnen eingegangen ist. Zur Genehmigung brauchen Sie noch…“
„Was denn?“
„Den Nachweis einer Schulung!“
„Wie bitte?“
„Sie können das Gerät erst genehmigen, wenn ich schriftlich nachweise, dass ich das Ding auch bedienen kann. Dazu muss man eine Schulung mitmachen. Die dauert drei Tage…“
„Und? Haben Sie das gemacht?“
„Hier im Ort wird sie erst im Sommer wieder angeboten. Ich habe also ein wenig herumtelefoniert. In Sankt Andeswo wird nächste Woche ein Kurs angeboten!“
„Na prima!“
„Nix prima. Der Kurs kostet zweihundert Euro.“
„Das zahlt doch bestimmt die Kasse!“
„Vielleicht. Zuerst mal muss ich es selbst auslegen, dann kann ich vielleicht einen Antrag auf Kostenerstattung stellen. Aber ich bin ja froh, dass ich den Kurs überhaupt mitmachen darf!“
„Und dann kriegen Sie Ihr Gerät?“
„Dann kann ich einen Antrag stellen. Die Genehmigung ist noch lange nicht sicher…“
„Und bis dahin?“
„Bis dahin muss ich weiter spritzen!“
Fassen wir zusammen: Frau Wirges hat eine Herzrhythmsstörung und braucht daher ein Medikament, um das Blut zu verdünnen. Die Marcumar-Tabletten kann sie erst einnehmen, wenn sie das Messgerät für die Blutgerinnung hat. Bis dahin muss sie weiter jeden Tag Heparin spritzen. Das ist natürlich unangenehm für die Patientin. Aber nicht nur das.
„Weißt Du, was die Spritzen kosten?“ fragt Kalle.
Ich verneine.
Kalle nimmt das backsteingroße Medikamentenverzeichnis zur Hand und schlägt nach.
„Viel Geld wird sich die Kasse mit ihrer Taktik jedenfalls nicht einsparen!“ sagt er.