(HANNOVER) Dass die Kirche ihr Werk nach unternehmerischen Gesichtspunkten verrichten muss, zeigt sich hin und wieder auch in den von ihr betriebenen Pflegeeinrichtungen. Nun gerät die Diakonie in Niedersachsen erneut in ein schlechts Licht: so sollen in Pflegeeinrichtungen der Diakonie Beschäftigte in eigens gegründeten Zeitarbeitsfirmen zu deutlich niedrigeren als den üblichen Gehältern eingestellt worden sein. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung bezeichnet diese Praxis zu Recht als Lohndumping.
Dass gerade die Diakonie zu solchen Mitteln greift, will zunächst nicht in den Kopf. Immerhin steht keine primäre Gewinnerzielungsabsicht hinter dem Engagement der Kirche und es gibt keine Aktionäre, die befriedigt werden müssen. Und dennoch greifen Geschäftsführer der Diakonie in Einzelfällen zu Mitteln, die mit den christlichen Werten nicht vereinbar scheinen.
Das Problem liegt auch woanders, denn noch zahlte die Diakonie höhere Löhne als andere Träger von Pflegeeinrichtungen. Den höheren Ausgaben stehen aber Einnahmen aus der Pflegekasse gegenüber – und die sind bei allen Anbietern die gleichen.
Die Fragen, die das Verhalten einzelner Unternehmensführungen der Diakonie aufwerfen, müssen also lauten, warum Pflegeeinrichtungen in Deutschland nicht wirtschaftlich agieren können, ohne Pflegende ausbeuten zu müssen. Oder anders: warum Pflege in Deutschland nichts Wert ist.
Das Gebahren der in den Veruf geratenen Pflegeeinrichtungen soll nicht beschönigt oder entschuldigt werden. Die Kirche hat eine Vorbildfunktion. Aber wenn in Deutschland nicht ausreichend Geld für Pflege zur Verfügung gestellt wird, werden alle guten Pflegeeinrichtungen in große Schwierigkeiten kommen. Am Ende trifft es die Menschen, die Pflege brauchen. Aber dann will es wieder keiner gewesen sein. (Zi)