Die Thorax-Röntgenaufnahme von Herrn Chromsky sieht wüst aus. Aber das wundert niemanden. Bei der langen Liste an Vorerkrankungen kann man nicht erwarten, dass auf dem Bild alles in schönster Ordnung ist.
Was ist mit seinem Bluthusten?
Er hat Bronchiektasen. Bronchiektasen können Hämoptysen auslösen. Seine Beschwerden lassen sich also erklären. Kein Grund zur Panik also?
Ich habe ein komisches Gefühl.
Was um alles in der Welt hatte Herr Chromsky gemeint, als er von „seiner Knolle“ sprach? Und weswegen war er seinerzeit in St. Andeswo in Behandlung?
Das alles klingt höchst verdächtig… aber leider ist die sprachliche Verständigung mit ihm nicht einfach.
Schwester Anna hängt sich ans Telefon um die Befunde und Berichte der vorherigen Untersuchungen zu organisieren.
Und wir fahren trotz allem noch einmal ein CT. Sicher ist sicher.
Um es kurz zu machen:
Unsere Befürchtungen treffen zu. Auf den Kernspin-Bildern finden sich Veränderungen, die unser Radiologe bei aller Zurückhaltung als „hochgradig verdächtig für ein ausgedehntes Bronchialkarzinom“ bezeichnet.
„Jetzt brauchen wir unbedingt eine Bronchoskopie!“ sagt Oberarzt Heimbach und fährt fort: „…natürlich auch die übliche Staging-Diagnostik: Oberbauchsono, Skeletszintigraphie und Schädel-CT. Wir müssen wissen, was es für ein Tumor ist und welches Stadium. Und wir brauchen eine Histologie! Warum haben die das denn damals eigentlich nicht gemacht?“
Darauf weiß ich auch keine Antwort.
Also mache ich mich seufzend auf den Weg zum Patienten.
Schlechte Nachrichten überbringen zu müssen ist keine angenehme Aufgabe.
Die eingeschränkten Kommunikationsbedingungen machen die Sache nicht einfacher.
Gibt’s denn hier im Haus niemanden, der russisch kann? Doch, Schwester Olga von der Chirurgie, aber die ist heute leider gerade nicht da.
Und dann sitze ich ihm gegenüber und sage ihm langsam und in einfachen Worten, was Sache ist.
Seine Reaktion verwirrt mich. Mit allem hätte ich gerechnet. Aber nicht mit einem simplem Kopfnicken.
„Ja, die Knolle!“ sagt er. Und dann, dreißig Sekunden später: „Ist immer noch da?“