Die Knolle – aber keine Probleme

„Also, Herr Chromsky, jetzt erzählen Sie mal!“
Irgendwie werde ich aus der ganzen Sache nicht schlau. Der gute Mann hat einen bösartigen Lungentumor, und das nicht erst seit heute. Aber irgendwie scheint sich niemand darum gekümmert zu haben, weder Herr Chromsky selbst noch die behandelnden Ärzte.
Der Patient keucht und schaut mich verständnislos an. Ich versuche, ihm auf die Sprünge zu helfen.
„Letztes Jahr, in St. Andeswo: was war da?“
„Hatte ich Schmerzen in Hüfte. Beide Seiten. Wollte ich Operation. Haben die nicht gemacht!“
„Hat man Ihnen gesagt, warum die Operation zurückgestellt worden war?“
„Haben gesagt wegen die Knolle…“
Ich hole tief Luft. Es hilft alles nichts.
„Herr Chromsky,“ sage ich, „Sie wissen, dass es sich bei dem, was Sie da als Knolle bezeichnen um einen bösartigen Tumor handelt?“
Der Patient schaut mich an und sagt eine ganze Weile lang nichts.
„Is besartig?“ fragt er dann.
Es ist zum die Wand hoch laufen… wenn es nicht so traurig wäre! Habe ich ihm das nicht vorgestern in aller Ausführlichkeit erzählt? Und ich bin mehr als überzeugt davon, dass ich nicht der Erste war.
„Ja, es ist bösartig. Und wir müssen Sie behandeln!“
„Behandeln? Wann?“
„Jetzt!“
Der Patient schüttelt den Kopf.
„Hab ich nie Probleme gehabt…“
Keine Probleme? Luftnot? Blutiger Auswurf? Blitzeblau im Gesicht? das alles sind keine Probleme?
„Was ist denn mit Ihrem Hausarzt? Hat der Ihnen nichts gesagt?“
Herr Chromsky macht eine wegwerfende Handbewegung.
„Hat mich Überweisung gegeben. Bin ich nicht gegangen.“
Das gibt’s doch nicht!
„Herr Chromsky,“ sage ich vielleicht eine Spur zu laut, „morgen machen wir eine Lungenspiegelung, ja? Schlauch in die Lunge, Sie verstehen? Und Übermorgen eine Untersuchung für Ihre Knochen!“
Auf den Versuch, ihm zu erklären, was eine Szintigraphie ist will ich mich gar nicht einlassen.
„Und heute kommen Sie nochmal in die Röhre. Da untersuchen wir Ihren Kopf. Und dann machen wir eine Ultraschalluntersuchung. Verstanden?“
Er nickt. Ob er wirklich verstanden hat, wage ich zu bezweifeln.

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