„18 Euro und 65 Cent, bitte“, fordert die freundliche Kassiererin des Supermarkts mich auf, meinen Einkauf zu bezahlen. Ich packe noch schnell den Käse in die Tasche und gebe ihr meine EC-Karte. Als sie mir den Beleg zum Unterschreiben reicht, schaut sie bereits prüfend auf die Rückseite der Karte und scheint Schlimmes zu ahnen. Ich kenne diese Blicke: halb mitleidsvoll, halb belustigt.
Nun geschieht das Unvermeidliche. Nachdem sie die Unterschriften auf Karte und Beleg verglichen hat, sagt sie: „Ihre Schrift kann man ja gar nicht lesen!“ Mittlerweile spüre ich auch die hämischen Blicke der Miteinkaufenden. Doch ich bin Spott gewohnt und somit vorbereitet: „Das bringt der Beruf eben mit sich. Ich bin Arzt!“, kontere ich. Zufrieden registriere ich das anerkennende Nicken der Anwesenden.
Zeit meines Studenten- und Berufslebens habe ich so mein mieses Krickelkrakel gerechtfertigt. Und das zu Recht: Jeder weiß doch, dass Medizinern ein „Ungenügend“ in Schrift und Form bereits bei der Vereinigung von Eizelle und Spermium in den Genen steckt.
Leider beraubt mich die Wissenschaft nun dieser Lebenslüge: Besonders emsige Forscher der Universität von Kansas haben bereits vor Jahren herausgefunden, dass die Handschrift von Ärzten genauso gut (bzw. schlecht) ist, wie die von Menschen anderer Berufsgruppen. Sie ließen unter anderem Anwälte, Automechaniker und eben auch Ärzte den Satz „The quick brown fox jumps over the lazy dog“ (!) in weniger als 17 Sekunden aufschreiben. Danach bewerteten vier „verblindete“ Untersucher das Ergebnis: Diese konnten keinen signifikanten Unterschied in der Lesbarkeit der Schrift von Schraubern, Rechtsverdrehern und Weißkitteln erkennen.
Die Ärzteschaft ist durch die bahnbrechenden Ergebnisse von einem Vorurteil entlastet – für mich bedeutet das wohl, dass ich nun auch meine Lebensmittel anonym im Internet einkaufen werde.
Doch Mediziner, die ihre Anordnungen oder Rezepte bisher in urartäischen Hieroglyphen verfassten, sollten nicht zur Tagesordnung übergehen. Eine andere Untersuchung von Forschern der Universität in Minnesota kommt nämlich zu dem Schluss, dass jedes Jahr tausende Patienten durch falsche Medikamente und Dosierungen ums Leben kommen – 61 % dieser Todesfälle seien auf die unleserliche Schrift des anordnenden Arztes zurückzuführen.
Da bin ich froh, dass ich meine „Anordnungen“ mittlerweile nur noch in die Computertastatur hacke…
Erleichtert grüßt euch
Euer Jesper