Einfach unvorstellbar: Da erleben die Menschen in Japan das große Unglück, zuerst einem Erdbeben und direkt danach auch noch einem Tsunami ausgesetzt zu sein – und dann kommt zusätzlich die atomare Katastrophe hinzu. Die Unfälle in den japanischen Atomkraftwerken lösen weltweit Besorgtheit aus. Man fragt sich: Wie wirkt sich Radioaktivität eigentlich auf den menschlichen Körper aus? Und ab wann sind radioaktive Strahlen gesundheitsschädlich?
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Einer geringen Strahlenbelastung sind alle Menschen tagtäglich ausgesetzt. Dabei handelt es sich um die natürliche radioaktive Strahlung aus der Atmosphäre oder dem Boden. Die Medizin setzt radioaktive Strahlen sogar gezielt ein, zum Beispiel zur Bekämpfung von Tumoren (Strahlentherapie): Radioaktive Strahlen bewirken, dass die Zellen im menschlichen Organismus ihre Fähigkeit zur Teilung verlieren und absterben. Das ungehemmte Wachstum von Tumor-Zellen lässt sich mit einer Bestrahlung daher einschränken oder ganz stoppen.
Zum gesundheitlichen Problem werden radioaktive Strahlen erst dann, wenn der gesamte Körper bestrahlt wird bzw. ab einer bestimmten Stärke. Werden z.B. durch einen Atomunfall radioaktive Stoffe freigesetzt, steigt die Radioaktivität. Der Mensch atmet die freigesetzten Stoffe ein oder nimmt sie über die Haut auf. Die sogenannte ionisierende Strahlung, die von diesen Stoffen ausgeht, richtet dann den eigentlichen Schaden an. Trifft sie auf eine Zelle oder einen Organismus, wird Energie frei, die eine ionisierende Wirkung hat: D.h., die ionisierende Strahlung entfernt Elektronen aus Atomen und Molekülen, sodass positiv geladene Reste der Moleküle (Radikale) übrig bleiben. Diese Radikale verursachen dann chemische Reaktionen im Körper des Menschen, die schließlich zur Beschädigung bzw. zur Zerstörung von Körperzellen führen.
Welche Schäden eintreten, hängt von der Dauer, der Art und der Stärke der Strahlen ab. In unmittelbarer Nähe eines Reaktors kann die Strahlung bei einer Kernschmelze beispielsweise so stark sein, dass nach kurzzeitigem Kontakt die sogenannte Strahlenkrankheit eintritt. Je höher die Strahlendosis ist, desto größer ist der Schaden, den die Strahlenkrankheit im menschlichen Körper anrichten kann.
Nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) treten bei einer Strahlungsdosis von einem bis sechs Sievert zunächst Übelkeit und Erbrechen auf. Nach einer Erholungsphase kommt es dann zu Fieber, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Haarausfall und Unwohlsein. Zudem steigt die Anfälligkeit für Infekte. Bei fünf bis 20 Sievert treten zusätzlich Blutungen, Kopfschmerzen, Schock und Durchfall auf. Zudem wird das Knochenmark und das Magen-Darm-Gewebe beschädigt bzw. zerstört. Ein Überleben ist – wenn überhaupt – nur noch im unteren Dosisbereich möglich. Liegt die Dosis über 20 Sievert, ist in erster Linie das zentrale Nervensystem betroffen. Es kommt zu Krämpfen und zum Verlust des Bewusstseins. Der Tod tritt in der Regel innerhalb von zwei Tagen ein.
Sterben kann ein Mensch jedoch unter Umständen bereits ab einer Strahlendosis von einem bis zwei Sievert. Je höher die Dosis ist, desto schlechter sind die Überlebenschancen bzw. desto früher setzt der Tod ein. Ab 6 Sievert liegt die Sterblichkeitsrate bei 100 Prozent innerhalb von 14 Tagen.
Doch auch, wenn die Schäden nicht direkt auftreten, ist die Gesundheit der Menschen gefährdet. Denn auch noch viele Jahre nach der Bestrahlung können Spätfolgen wie Leukämie (Blutkrebs), Schilddrüsen-, Lungen– und Brustkrebs entstehen. Wird man über einen längeren Zeitraum hinweg mit einer nur gering gesteigerten radioaktiven Strahlung konfrontiert, erhöht sich bereits das Risiko einer Krebs-Erkrankung. Darüber hinaus kann die radioaktive Strahlung das menschliche Erbgut beschädigen und zu Missbildungen bei Neugeborenen von Geschädigten führen, so, wie es auch nach dem Super-GAU in Tschernobyl im Jahr 1986 der Fall war.
Um welche radioaktiven Stoffe geht es genau? Hier sind unter anderem Cäsium 137 und Jod 131 zu nennen. Cäsium 137 lagert sich in Knochen ein und stört die Bildung neuer Blutkörperchen im Knochenmark. Dies kann zu Leukämie (Blutkrebs) führen. Jod 131 verursacht Schilddrüsenkrebs, indem es sich, ebenso wie das nicht radioaktive bzw. natürliche Jod 127, in der Schilddrüse anreichert. Helfen können Jodtabletten, vorausgesetzt sie kommen rechtzeitig zum Einsatz. Gegen Cäsium gibt es keine Medikamente, einen Schutz bietet daher nur eine Evakuierung.
Im Normalfall ist der Mensch einer natürlichen Strahlung von etwa zwei Millisievert (0,002 Sievert) pro Jahr ausgesetzt. Die Tagesschau berichtet auf ihrer Website, dass “nach Angaben der japanischen Regierung am Atomkraftwerk Fukushima Strahlenwerte von 400 mSv pro Stunde gemessen wurden”. Man hat also allen Grund, besorgt zu sein. Ob die schlimmsten Befürchtungen wahr werden, bleibt abzuwarten.
Weitere Informationen finden Sie beim Bundesamt für Strahlenschutz.
Eine anschauliche Erklärung bietet ein Video aus der Sendung Quarks & Co im WDR vom 15. März 2011: Radioaktive Stoffe – Wie wirken radioaktive Substanzen auf unseren Körper?
Auch ein Video auf der Website der Tagesschau zeigt, was genau Radioaktivität im Körper eines Menschen bewirkt: Wie wirkt sich Radioaktivität auf den Körper aus?