Da bleibt mir das Abendessen im Halse stecken: Der kritische Film “Unser täglich Gift”, der gestern auf Arte lief, versucht der Frage auf den Grund zu gehen, ob uns Lebensmittelzusatzstoffe und Pestizide krank machen. Vom Erzeuger bis auf den Teller begleitet die Autorin des Films, Marie-Monique Robin, die Lebensmittel samt ihrer Zusatzstoffe.
© DAK/Kohlbecher
Dabei trifft sie auf chronisch kranke Landwirte, die Pestizide für ihr Schicksal mit Asthma, Parkinson und Co. verantwortlich machen. Sie spürt Forscher auf, deren Studien zu Lebensmittel-Zusatzstoffen als „wissenschaftlich unsauber“ bezeichnet werden, um zu rechtfertigen, dass sie bei der Beurteilung eines Stoffes nicht berücksichtigt werden. Sie erkundigt sich bei den für die Zulassung von Lebensmittel-Zusatzstoffen zuständigen Behörden nach deren Entscheidungsgrundlagen und erfährt, dass viele der Studien, die den Markteintritt eines neuen Stoffes ermöglichen, von der Industrie erstellt oder zumindest gefördert werden. Die Konsequenzen kann sich jeder leicht denken und auch wissenschaftlich ist bewiesen: Von der Industrie geförderte Studien kommen in der Regel zu für den Hersteller positiven Ergebnissen. Doch darf sich die Verbrauchersicherheit auf Werbeaussagen stützen?
Auch dass Insekten- und Unkrautvertilgungsmittel schwere akute Vergiftungen auslösen können, wenn sie eingeatmet werden, ist lange bekannt und wird nicht einmal von den Herstellern der Produkte geleugnet. Nun frage ich mich als aufgeklärte Verbraucherin natürlich, ob es wirklich sein kann, dass die gleichen Produkte, die beim Einatmen schwere Atembeschwerden und Nervenschäden verursachen können, plötzlich vollkommen harmlos sind, wenn sie auf meinem Teller landen? Ich habe da meine Zweifel. Also lieber doch ein paar Euro mehr für Bio-Produkte ausgeben.
„Unser täglich Gift“ ist kein klassischer Dokumentarfilm, denn neutral berichtet Frau Robin sicherlich nicht. Alle vorgetragenen Vorgänge unreflektiert zu glauben, halte ich daher für unangebracht. Dennoch ist es ein Film, der wachrüttelt und mich nachdenklich stimmt. Stehen die Interessen der Verbraucher hinter denen der Wirtschaft nach? Ist es möglich, dass die Lobby der Verbraucher so viel kleiner ist, als die der Industrie? Ist die Produzenten-Lobby so viel einflussreicher und mächtiger als alle Verbraucherschützer zusammen? Mein Verstand sagt mir: „Das kann nicht sein (weil nicht sein kann, was nicht sein darf).“ Mein Bauchgefühl widerspricht: „Die Politik stellt Wirtschaftsinteressen über die des Verbrauchers.“ Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen. Zum Schluss kann ich aber nur fragen: Gibt es eigentlich auch einen Welt-Lobby-Tag? Ach nein, der ist ja jeden Tag…
Für alle, die sich selber eine Meinung bilden wollen: Arte wiederholt „Unser täglich Gift“ am Freitag, 18.03.2011 um 10.10 Uhr und am Samstag, 26.03.2011 um 14.30 Uhr. Hier finden Sie weitere Informationen, unter anderem ein Interview mit Marie-Monique Robin, der Autorin des Films.