Hey, das hier ist ein Arzt-Blog und kein Politik-Blog. Warum also sollte man hier über Dinge schreiben, die man in diesen Tagen in jedem beliebigen anderem Medium pausenlos um die Ohren gehauen kriegt?
Warum?
„Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft, und die Politik ist nichts weiter als Medizin im Großen.“
Das soll Rudolf Virchow einmal gesagt haben, man erinnert sich, einer der ganz tollen Ärzte aus dem vorletzten Jahrhundert die man heute noch gelegentlich auf irgendwelchen Denkmälern sieht oder nach denen hier und dort ein Krankenhaus benannt ist.
Interessante Sichtweise.
Politik ist also nichts anderes als so etwas wie Medizin für eine große Menge von Menschen, also ein ganzes Land, oder einen Landkreis oder eine Stadt oder die Anzahl der Menschen, die im Einzugsbereich eines Krankenhauses leben.
Und wir Ärzte sind nichts anderes als Politiker, wenn es um die Menschen geht, die gerade unser Krankenhaus bevölkern?
Natürlich geht uns das, was da gerade in Japan oder sonstwo abgeht etwas an. Immerhin ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Leute mit echten oder eingebildeten Strahlenkrankheiten bei uns auf der Matte stehen, und denen müssen wir ja schließlich irgendwas erzählen. Zum Beispiel, dass die plötzliche Müdigkeit und der Schwindel von Karl-Heinz Krampfbichler wirklich in keinem Fall auf den Atomunfall zurückzuführen sind, denn Herr Krampfbichler war noch nie in Japan, um genau zu sein hat er sich in seinem Leben noch nie mehr als fünfzig Kilometer von Bad Dingenskirchen entfernt. Und abgesehen davon, was Atomkraftwerke angeht, da soll er sich mal keine Sorgen machen, denn unsere deutschen Atommeiler, die sind schließlich sicher, totsicher, die können ruhig noch ein paar Jahre weiterlaufen.
Oder etwa doch nicht?