Notruf 0815 – Die Nacht des Notarztes Tobias G aus P

Dieser Gastbeitrag kommt von Docmo

Notruf 0815 ist eine unrealistisch-medizinische Serie mit jeweils abgeschlossenen Geschichten vom Feinsten. Jeder schreibfreudige Mensch darf einen weiteren Teil erfinden und entweder hier oder auf einem eigenen Blog veröffentlichen. (Vorausgesetzt natürlich die Inhalte sind medizinisch-sinnvoll und gefallen) Also Blogger und Kommentatoren: Auf gehts …

Die Kirchenuhr der nahen Stadt schlug 19.00. Dr. Tobias G aus P, ein 40-jähriger Anästhesist aus Berufung nahm seine rote Jacke vom Haken; „Schon der 5 Nachtdienst in diesem Monat“ dachte er etwas frustriert, das wahrscheinlich einzig positive bis jetzt war Schwester Tanja, die ihm gerade mit einem netten Lächeln und einer Schale frischer Erdbeeren auf dem Krankenhausflur entgegenkam. Sie hatte Nachtdienst auf der Unfallchirurgie, er würde sie später mal besuchen gehen. Er nahm den Notarztmelder aus der Ladestation und stellte fest, dass der Akku fast leer war.

„So ein Mist“ schimpfte er leise vor sich hin, „der Dienst geht ja schon super los, wer weiß was für Bad Things noch so auf dich warten“.

So machte er sich mit dem fast leeren Melder auf sein Notarztzimmer, um schon mal sein Bett für die Nacht zu beziehen. Da er fast den ganzen Tag hinter seinem Narkosegerät mal wieder ohne eine vernünftige Mittagspause verbracht hatte, verspürte er jetzt ein gewisses Hungergefühl und entschloss sich, auf die chirurgische Station zu gehen, zum einen da hier die meisten Flyer der Pizza- und Dönerlieferanten herumlagen, zum anderen um mit Schwester Tanja, für die er eine gewisse Sympathie hegte und die wohl inzwischen mit ihrer Dienstübergabe fertig sein musste ein wenig zu plaudern. Schwester Tanja war Mitte dreißig, frisch geschieden und gut aussehend. Als er auf der Station ankam, schlurfte ihm der Spätdienst in Form von Schwester Uschi entgegen, 90 kg Körpergewicht bei einer Größe von 1,65, nicht mehr ganz taufrisch, blondiertes hochtoupiertes Haar und bekennender Birkenstock Fan.

„Na Doktorchen“ sagte sie schnippisch in Berliner Dialekt, den Tobias G sowieso nicht abkonnte „halten se mal die Tanja nich von de Arbeit ab, die hat noch genug zu tun, icke geh jetzt heim“.

„Du alte Schnalle wirst ihr auch genügend an Arbeit übrig gelassen haben“ dachte er.

Er setzte sich in´s Stationszimmer, wo Tanja gerade eine Packung Dormicum aus einer der unteren Schubladen kramte. Tobias G wurde leicht nervös, als dabei der rote String Tanga von Tanja sichtbar wurde; ehe er sich aber seinen Tagträumen hingeben konnte, schrillte sein Diensthandy. Es war Vasili, ein leicht übergewichtiger, rothaariger chirurgischer Assistenzarzt aus Riga.

„Du Tobias, kannst kommen auf Chirurgie, krieg die verdammte Nadel nicht in Patient, hab schon 6 mal gestochen, der hat wohl Rollvenen oder so was“

Tobias G verdrehte leicht die Augen, versprach Vasili aber gleich vorbei zu kommen. Aber erst noch schnell ´ne Pizza bestellen, bis die da ist, hatte er sicherlich die Viggo drin.

„Willst du auch eine oder lieber ´nen Döner“ fragte er zu Tanja gewandt.

„Ich nehm ´ne Quattro und als Nachtisch gibt’s die süßen Erdbeeren“.

Tobias musste bei dem Gedanken an Erdbeeren unwillkürlich wieder an Tanja´s roten String denken. Bevor er jedoch den Pizza Service anrufen konnte ging sein Melder.

„Mist“ sagte Tobias „bestellst Du bitte“.

„Na klaro“ erwiderte sie.

Auf dem Weg zum NEF fragte er sich, mit welchem Rettungsassi er wohl die heutige Nacht verbringen würde. Es war Massimo, ein in Deutschland geborener Sizilianer, der aber äußerlich eher einem Frettchen als einem Italian Lover gleichkam.

„´Nen schönen Abend Doc , es geht ja schon früh los, wir haben ´ne Bewusstlose im Altenheim“.

“Na prima“ meinte Tobias etwas sarkastisch und hatte schon jetzt den typischen Geruch der wie er immer sagte – Vorfriedhöfe- in der Nase.

Die Fahrzeit betrug ca. 10 Minuten und verlief bei ruhiger Verkehrslage ohne besondere Vorkommnisse. Beim Eintreffen am Altenheim stand die RTW-Besatzung in Form von Kevin und Sören vor verschlossener Tür.

„Habt ihr schon geklingelt“ fragte Tobias. Schon mindestens 5 mal sagte Sven, der die Statur eines Preisboxers hatte und dafür 5 mal in der Woche ein Fitnessstudio besuchte und seine mit Akne übersähte Haut sprach für regelmäßigen Anabolikagebrauch.

“Ich werfe mal Steinchen an die Fenster” sagte Sören, ein frischgebackener Rettungsassistent , der zwar nur eine Körpergröße von nur 155 cm aufwies, sich aber dafür rühmen konnte, die längste Mag-Lite im Rettungsdienstbereich zu haben.

Nach ca. 10 Steinwürfen, weiteren Klingelversuchen und lautem Schreien näherte sich eine Altenpflegerin langsamen Schrittes der Eingangstür. 2 Stock, dann links, hab aber keine Zeit mit zu kommen, das Vögelchen Olga ist oben. Als die 4 Herren mit den roten Jacken nach 10 minütigem Suchen das entsprechende Zimmer gefunden hatten, fanden sie die 89-jährige Emilie Z aus O im Beisein der 18- jährigen Krankenpflegeschülerin Olga aus Weißrussland, auch das Vögelchen genannt, vor.

“Frau spricht nicht mehr, will nix mehr essen und trinken schon gar nicht mehr. Die ist bestimmt trocken wie eine Dörrpflaume” konstatierte Sven, während sich Tobias G sich dem Uringeruch und damit der Patientin näherte, welche weiterhin komatös in ihrem Bett lag. Nach Prüfung des Hautturgors sowie der Blutzuckermessung stand für ihn die Diagnose Exsikkose mit Hypoglykämie fest.

“Nehmt mit” fragte das Vögelchen

“Nö” erwiderte Tobias, “sie bekommt jetzt Flüßigkeit und Glucose, dann wird das schon.”

Nach weiteren 5 Minuten fing Emilie Z wieder an sich zu bewegen und ihre Vigilanz nahm deutlich zu. Als Tobias das Altenheim verließ, genoss er die frische Abendluft und sog sie in tiefen Zügen ein, verabschiedete sich von Sven und Sören und fuhr dann in Erwartung von Tanja und der Pizza mit Massimo wieder Richtung Standort. Dort angekommen wurde er auf dem Weg zu Tanja und Pizza von seinem Kollegen Dr. Peter L aus U, dem diensthabenden Internisten, der aufgrund seiner Körpergröße von 197 cm und seines dank Hypertonus ständig hochroten Kopfes liebevoll -der Leuchtturm- genannt, abgefangen. Na Kollege Anästhesist, gerade aufgewacht oder die 50-zigste Tasse Kaffee getrunken flachste er. Blöder Pillenfinger dachte sich Tobias G und machte sich wortlos auf den Weg zur Station. Ist leider kalt geworden und in der Mikrowelle wird sie pappig sagte Tanja, na ja ist hab schon mal angefangen, aber dafür sind meine Erdbeeren supersüß. An dir sind noch andere Dinge supersüß dachte er sich, machte sich aber ob seines Hungergefühls an seine kalte Pizza um ungefähr nach der Hälfte des inzwischen gummiartigen Nahrungsmittels ein gewisses Völlegefühl und Unwohlsein zu verspüren, da ihm auch noch der Geruch aus dem Altenheim noch in den Atemwegen waberte. Er schob das erkaltete und in seiner Konsistenz veränderte Nahrungsmittel beiseite und schaute Tanja zu, wie sie seine Erdbeeren langsam und auf eine laszive Art mit Sahne aus dem Syphon überzog.

“Hoffentlich hast du keine Erdbeerallergie, sonst müsste ich dich noch reanimieren” bemerkte Tanja etwas spöttisch.

Tobias verspürte bei diesem Gedanken einer Mund zu Mund Beatmung durch Tanja eine leichte Erhöhung seines Adrenalinspiegels. Dies war angesichts des nunmehr wieder kreischenden Melders vielleicht gar nicht von Nachteil, denn als er sich 2 Minuten später in´s NEF setzte, sagte Massimo kurz und knapp, es geht zu ´ner Rea …. (wird fortgesetzt)

Artikel von: Monsterdoc

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