Notruf 0815 – Erneut: Die Nacht des Notarztes Tobias G aus P

Dieser Gastbeitrag kommt von Docmo

Notruf 0815 ist eine unrealistisch-medizinische Serie mit jeweils abgeschlossenen Geschichten vom Feinsten. Jeder schreibfreudige Mensch darf einen weiteren Teil erfinden und entweder hier oder auf einem eigenen Blog veröffentlichen. (Vorausgesetzt natürlich die Inhalte sind medizinisch-sinnvoll und gefallen) Also Blogger und Kommentatoren: Auf gehts …

Rea? Hoffentlich nicht wieder in´s Altenheim dachte sich Tobias, der zu Reanimationen im Altenheim bei den doch oft polymorbiden Insassen eine eher deutlich zurückhaltende Meinung vertrat. Massimo schien seine Gedanken erraten zu haben. Ist ein ca.45-jähriger Patient in der Fußgängerzone, hoffentlich haben wir nicht so viele Gaffer drumherum meinte er lakonisch.

Als sie den Einsatzort 5 Minuten später erreichten, war der RTW schon vor Ort, die Besatzung war diesmal eine andere und war gerade dabei, sich mit den Rucksäcken und dem Defi eine Gasse durch die doch ansehnliche Menge von interessierten, willig helfend wollenden aber bis dato tatenlos gaffenden Mitbürgern dieser Stadt zu bahnen. Zum Teil hatten fürsorgliche Eltern ihre Kinder auf den Schultern positioniert um Ihnen eine noch bessere Sicht auf das nun folgende Geschehen zu ermöglichen. Nur mit Mühe konnten sich Markus L, ein kleiner, bebrillter und deutlich übergewichtiger, aber mit 5 Kindern gesegneter RA aus der Nachbarstadt und Maria O, an der man optisch und geruchstechnisch jederzeit erkennen konnte, was sie die letzten Tage auf der Wache gegessen hatte; fachlich gesehen war sie aber gut drauf, und darauf kommt es an dachten sich Tobias G, als er sich hinter den beiden durch die Volksmenge wand.

Endlich am Patienten angekommen erblickten die vier Retter eine ca. 60 Jahre Frau sowie einen Schwarzafrikaner, welche beide, über den auf dem Rücken liegenden Patienten gebeugt, mit der Laienreanimation begonnen hatten. Tobias nickte beiden kurz zu, woraufhin sich die beiden Ersthelfer nach Übernahme der Reanimationsmaßnahmen durch das Rettungsteam erhoben und sich durch die Menschentraube den Weg aus dem Circus Maximus bahnten. Tobias verteilte schnell und ohne Worte die verschiedenen Positionen am Patienten, er selbst bezog wie gewohnt am Kopf seine Position. Während Maria aufgrund ihrer im Gegensatz zu Markus besseren Hebelverhältnisse die Thoraxkompression übernahm, positionierte sich Markus mit seinem Defi auf die gegenüberliegende Seite, Massimo hingegen übernahm die Koffer.

Nachdem der Patient bei bestehendem Kammerflimmern unter laufender Thoraxkompression und manueller Beatmung 3 x defibrilliert worden war, er durch Massimo inzwischen mit zwei 18 G Nadeln ausgestattet worden war, ordnete Tobias die Gabe von Supra und Amiodaron an. Die Menschenmenge war gerade dabei sich zu verflüchtigen, als Tobias aus der Ferne eine laut schwatzende Gruppe Jugendlicher auf sich zukommen hörte, welche sich in interessierter Haltung mit Alkopops in der rechten und einem fettigen Döner in der anderen dem Geschehen näherten.

“Hey Alter, was soll die Show hier? Der kratzt doch sowieso ab, meine Oma mit 90 ist sowas auch passiert, der konnte auch keiner mehr helfen!” rief ihnen einer aus der Gruppe zu.

Als Tobias gerade dabei war, den Patienten zu intubieren, wähnte sich ein anderer Spaßvogel sich wohl samstags nachmittags im Fußballstadion, als er „Einer geht noch, einer geht noch rein“ anstimmte.

Als endlich die grün uniformierten Staatsdiener eintrafen, verflüchtigte sich auch die Gruppe der alkoholisierten, Junk-Food verzehrenden Jugendlichen, nicht ohne beim Abgang lautstark den Song von Guns `n Roses „Knocking on heavens door“ grölend anzustimmen.

Tobias G nahm dies nur oberflächlich wahr, das Team hatte den Patienten nunmehr in einem stabilen Sinusrhythmus, so dass nunmehr der Transport ins Krankenhaus anstand.

“Klär das doch bitte mal mit der Leitstelle ab, wir brauchen ein Intensivbett mit Herzkatheterplatz” wies Tobias seinen Fahrer an, während Markus, Maria und er den Patienten auf der Ferno in den RTW luden.

Nach 5 Minuten kam Massimo mit der ernüchternden Aussage, das eine Krankenhaus mit Herzkatheterlabor hat kein Intensivbett, das andere habe zwar ein Bett, aber den Katheterplatz nur von 07:00- 19:00. “Immer die gleiche Sch… “, dachte Tobias G, wir fahren unser Haus an, da gibt es den Katheterplatz und auf der Intensiv sollen sie halt einen Joker verlegen. Und die Erdbeeren bei Tanja sind noch nicht so matschig durchzuckte es Tobias kurz.

“Wie fahren wir denn, mit oder ohne?” fragte Maria, wahrscheinlich ohne vorher ihr Gehirn eingeschaltet zu haben.

Natürlich mit erhöhtem Stromverbrauch bellte Tobias ob so einer blöden Frage in Richtung Maria.

Nach einer Transportzeit von 8 Minuten erreichten sie die Einfahrt des Krankenhauses, wo bereits der leptosome Wolfgang, der diensthabende Kardiologe und Internist aus Berufung wie er selber von sich behauptete, dann die dicke Suse aus der Notaufnahme sowie der junge Anästhesiekollege namens Peter Petersen (Dank an die einfallsreichen Eltern bei der Namensgebung) zugegen waren.

“Wahrscheinlich ausgedehnter Hinterwandinfarkt, hebt über V5 – V8 ist jetzt aber stabil, dank wohl suffizienter Laienreanimation keine lange Hypoxiezeit” bemerkte Tobias bei der Übergabe im Schockraum.

“Na dann gleich ab zum Katheter” gab Wolfgang vor, den hier alle nur die Latte nannten, da er wie gesagt einen leptosomalen Körperbau und ja fast schon ein kachektisch anmutendes Äußeres bot. Er lebte, wie er selber sagte nahrungstechnisch probiotisch und fettarm, hatte eine Heidenangst vor Adipositas, Hypertonus, Diabetes und machte große Bögen um Fitnessstudios und andere Orte der Körperertüchtigung. Die dicke Suse hatte, wenn beide zusammen Dienst hatten, anfangs immer gute Laune, am nächsten Morgen aber, wenn Wolfgang sie ernährungswissenschaftlich bearbeitet hatte, war sie dem Suizid nahe.

 

Nach der Übergabe tauschte Tobias den nunmehr endgültig leeren Melder aus und begab sich wieder in Richtung chirurgische Station, wo Tanja jetzt wohl mit ihrer Abendrunde fertig sein sollte. Als er das Stationszimmer betrat saß Tanja über Patientenakten gebeugt und sein Blick fiel wie magisch angezogen erneut auf ihren roten String Tanga, welcher ihn frech anzugrinsen schien.

“Du kannst deine Erdbeeren noch essen, ich habe sie in den Kühlschrank gestellt” sagte Tanja während sie sich zu ihm umdrehte und ihm seine Verwirrung ob ihres Strings ansah.

Um das Ganze auf die Spitze zu treiben, strich sie sich ganz lasziv eine Strähne aus ihrem Gesicht und fragte Tobias, ob er am Wochenende schon etwas vorhabe.

“Nein, nein bis jetzt noch nicht” stotterte er ein wenig, “das Wetter soll ja ganz gut werden; wir könnten ja an den Waldsee zum Baden fahren.”

“Prima Idee” entgegnete Tanja, “dann kann ich ja meinen neuen Bikini ausprobieren.”

“Oh Gott” dachte Tobias, während er innerlich eine gewisse Blutumverteilung zu Ungunsten des Gehirns in Richtung Becken verspürte, hoffentlich ist das Wetter am Wochenende wirklich gut.

“Wenn´s regnet”, fuhr Tanja mit einem eindeutigen Blick fort, “können wir ja in´s Kino gehen, oder?”

“Ja klar, super Idee” platzte es aus Tobias heraus.

Da es inzwischen 01:20 war, er die Situation mit Tanja im Dienst nicht eskalieren lassen wollte und nicht wusste, was einsatzmäßig noch anstand, verabschiedete er sich von Tanja, die ihm eine ruhige Nacht und süße Träume wünschte. Auf dem Weg in sein Dienstzimmer traf er noch auf Wolfgang, der ihm noch kurz über den weiteren Verlauf des reanimierten Patienten berichtete, er sei soweit stabil und liege jetzt auf Intensiv. Derart befriedigt über den doch guten Verlauf rief er von seinem Diensttelefon seinen chirurgischen Kollegen Vasili noch an, ob die Aktion mit der zu legenden Infusionsnadel erfolgreich war.

“Du warst weg, war eh Privatpatient, habe Oberarzt geholt, jetzt alles gut.”

Im Dienstzimmer angekommen freute er sich über das schon gemachte Bett, stellte den Melder in Reichweite, und schlief alsbald in Gedanken an das Bade-oder Kinowochenende mit Tanja und ihrem roten String ein. Gegen 03:30 wurde Tobias G von seinem Melder höchst unsanft aus dem Bett katapultiert, oh nein, sch… Zeit sagte er während er sich schnell anzog und Richtung NEF lief. Massimo war ebenfalls schlechtlaunig ob der Uhrzeit, die beiden ergänzten sich also prima. Was liegt denn an wollte Tobias wissen; unklar neurologisch entgegnete Massimo, kann alles oder nichts sein, Aqua oder Vino, aber um diese Uhrzeit habe ich kein gutes Gefühl, vor allem nicht weil es in der Sudetenstr. ist, da wohnen nicht gerade die Reichen und Schönen … (wird nochmals fortgesetzt, tja denn diese Nacht ist laaaange …)

Artikel von: Monsterdoc

Artikel zum Thema passend:

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *